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Nr. 15. HEIDELBERGER 1847.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Ueber das neuentdeckte angebliche'Gedicht des Ar io st, Rinaldo
Ar dito.
Die Italiener spüren fortwährend ihre Bibliotheken und Archive
aus, um unedirte Werke ihrer Lieblingsdichter zu finden, mit dem wohl-
gemeinten Zweck, den Ruhm derselben zu vergrössern. Wie viele So-
nette und Abhandlungen sind schon dem Dante zugeschrieben worden!
Die Pietät, womit man auch das kleinste aufgefundene Werk der be-
rühmten Dichter aufnimmmt und an die schon bekannten Schätze anreiht,
hat denn auch schon manche grobe und auch alberne Betrügereien her-
vorgerufen. Man weiss, dass Viele noch für die sogenannten Veglie
als ein Werk des Tasso schwärmen, obgleich schon längst Caspar
von Orelli Qn seinen Beiträgen zur Geschichte der italienischen Poe-
sie, Heft I., S. 101.) mit vielem Scharfsinn den Betrug aufgedeckt und
diese Veglie als ein untergeschobenes Werk des Herausgebers Compag-
noni hingestellt hat. Man weiss, dass sich das Publicum später doch
wieder durch den Betrug eines gewissen Alberti täuschen liess, der eine
von den Romantikern so schwärmerisch aufgenommene Correspondenz zwi-
schen Tasso und der Prinzessin Eleonore fabrizirte und sie dann als eine
sehr wichtige Reliquie des unglücklichen Dichters herausgab. Auf diesen
Betrug machte zuerst Herr Professor Witte Qch glaube, in den Blättern
für literarische Unterhaltung) aufmerksam.
Hier wird uns nun wieder eine Reliquie eines sehr beliebten Dich-
ters, des Ariosto, angeboten, unter dem Titel Rinaldo Ardito di Lo-
dovico Ariosto. Frammenti inediti publicati sul manoscritto originale da
J. Giampieri e G. Aiazzi. Firenze 1846. Das Ganze ist nur der An-
fang eines grossem Rittergedichts aus der Karlssage, und besteht aus fünf
sehr lückenhaften Gesängen. Es ist gewiss für die Geschichte der ita-
lienischen Literatur von grosser Wichtigkeit, dass Jeder, der Beruf dazu
zu haben glaubt, seine Meinung über dies Werk zur endlichen Ermittlung
seiner Aechtheit oder Unächtheit abgibt; und in diesem Sinne lasse ich
hier die meinige folgen, ohne Prätension, Andere zu überzeugen, sondern
in der Absicht, etwaige Einwürfe hervorzurufen, damit vielleicht die
Wahrheit zuletzt ans Licht trete. Es kommt mir dabei nicht entfernt in
XL. Jahrg. 2. Doppelheft. 15
 
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