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Zur Geschichte des teulschen Befreiungskrieges.
sehenden Rath zu empfangen. Diess erinnert unwillkührlich an die Tage
des gewaltigen Korsen, welcher es verstand, seine damals noch unbe-
festigte Hauptstadt in den Centralpunkt auch der tetitschen Politik um-
zuwandeln. Was beabsichtigen nun wohl der neue Friedenskaiser
und sein Talleyrand, welcher, wie Dahlmann höflich meint, *) an
der Geschichte zu wirken hat, mit dem vielfach bedrängten, aber
noch lebensfrohen Bunde der Eidsgenossen? — Man will sie all-
mählig zähmen und im günstigen Augenblick um ein Stückchen Gränzge-
biets ärmer machen. Bereits hat die Regierung des Mannes, welcher
einst in den Alpen als Flüchtling eine Schirmstätte fand, dafür den ersten
Schritt gethan; mitten im Frieden wurde im Sommer 1846 das dem
Waadtlande angehörige Dappenthal militärisch besetzt und bis auf den
heutigen Tag zurückbehalten. Diess geschah entgegen der Erklärung des
Wiener Congresses vom 20. März 1815. „Das vormals zum Can-
to n Waadt gehörige Dappenthal wird demseiben zurück-
gegeben,4' lautet der zweite Artikel. Die Ruhe, mit welcher die vom
historischen Recht gleichsam umboll werkten Grossmächte T e u t sc h-
lands diesem offenbaren Unrecht zuschauen und Vorschub leisten,
zeugt wohl am deutlichsten für die von Frankreich abhängig gewor-
dene Diplomatik der neuesten Zeit und beweist gegenüber dem Le-
sendem Fall die heranreifende Tripelallianz. Sie bildet eine Art ver-
jüngten Rheinbundes, jedoch mit dem bemerkenswertheil Unterschied,
dass ihm die kleinern souveränen Staaten meistens widerstreben, die
grossem anhängen. Die gemeinsame Angst vor den Schreckbildern der
Revolution und des Communismus, nebenbei auch wohl der ge-
heim wirkende Jesuitenorden und Finanzrücksichten, mögen
auf dem Continent jenes herzliche, ursprünglich nur dem Insel - und See-
königthum gewidmete Einvernehmen, die berühmte enteilte cordiale.
vorbereitet haben**). Ein anderes Zeichen der französischen Ue her le-
gen hei t in diplomatischen Dingen tritt, Schleswig - Hol-
stein sc he Manipulationen zu übergehen, jenseit der Pyrenäen her-
*) Englische Revolution, Vorwort.
*•) Die diplomatische Hegemonie Frankreichs zeigt sich selbst in dem
numerischen Verhalt niss der Agenten, welche gegen Ende Novembers 1847.
die verlornen Söhne des sogeheissenen Sonderbundes in den Alpen
der Walliser aufsuchten. Paris sandte zwei, Berlin nur einen Bolen. (Augs-
burger allgemeine Zeitung Nr. 28. Jabrg. 1848) — Wer denkt dabei nicht an
Juvenals Spruch: ,,J, demens, et saevas euere per Alpes, ut pueris placeas et
declamalio fias?“ —
Zur Geschichte des teulschen Befreiungskrieges.
sehenden Rath zu empfangen. Diess erinnert unwillkührlich an die Tage
des gewaltigen Korsen, welcher es verstand, seine damals noch unbe-
festigte Hauptstadt in den Centralpunkt auch der tetitschen Politik um-
zuwandeln. Was beabsichtigen nun wohl der neue Friedenskaiser
und sein Talleyrand, welcher, wie Dahlmann höflich meint, *) an
der Geschichte zu wirken hat, mit dem vielfach bedrängten, aber
noch lebensfrohen Bunde der Eidsgenossen? — Man will sie all-
mählig zähmen und im günstigen Augenblick um ein Stückchen Gränzge-
biets ärmer machen. Bereits hat die Regierung des Mannes, welcher
einst in den Alpen als Flüchtling eine Schirmstätte fand, dafür den ersten
Schritt gethan; mitten im Frieden wurde im Sommer 1846 das dem
Waadtlande angehörige Dappenthal militärisch besetzt und bis auf den
heutigen Tag zurückbehalten. Diess geschah entgegen der Erklärung des
Wiener Congresses vom 20. März 1815. „Das vormals zum Can-
to n Waadt gehörige Dappenthal wird demseiben zurück-
gegeben,4' lautet der zweite Artikel. Die Ruhe, mit welcher die vom
historischen Recht gleichsam umboll werkten Grossmächte T e u t sc h-
lands diesem offenbaren Unrecht zuschauen und Vorschub leisten,
zeugt wohl am deutlichsten für die von Frankreich abhängig gewor-
dene Diplomatik der neuesten Zeit und beweist gegenüber dem Le-
sendem Fall die heranreifende Tripelallianz. Sie bildet eine Art ver-
jüngten Rheinbundes, jedoch mit dem bemerkenswertheil Unterschied,
dass ihm die kleinern souveränen Staaten meistens widerstreben, die
grossem anhängen. Die gemeinsame Angst vor den Schreckbildern der
Revolution und des Communismus, nebenbei auch wohl der ge-
heim wirkende Jesuitenorden und Finanzrücksichten, mögen
auf dem Continent jenes herzliche, ursprünglich nur dem Insel - und See-
königthum gewidmete Einvernehmen, die berühmte enteilte cordiale.
vorbereitet haben**). Ein anderes Zeichen der französischen Ue her le-
gen hei t in diplomatischen Dingen tritt, Schleswig - Hol-
stein sc he Manipulationen zu übergehen, jenseit der Pyrenäen her-
*) Englische Revolution, Vorwort.
*•) Die diplomatische Hegemonie Frankreichs zeigt sich selbst in dem
numerischen Verhalt niss der Agenten, welche gegen Ende Novembers 1847.
die verlornen Söhne des sogeheissenen Sonderbundes in den Alpen
der Walliser aufsuchten. Paris sandte zwei, Berlin nur einen Bolen. (Augs-
burger allgemeine Zeitung Nr. 28. Jabrg. 1848) — Wer denkt dabei nicht an
Juvenals Spruch: ,,J, demens, et saevas euere per Alpes, ut pueris placeas et
declamalio fias?“ —