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Nr. 11. HEIDELBERGER 1848.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Zur Grescliiclite <les teiitsclien Ilef’reiuugS”'
Krieges.

Seit mehrern Jahren suchen Franzosen und Teutsche einander
sorgfältiger zu prüfen und auf der Licht- wie Schattenseite durch Gegen-
sätze zu ergänzen. Jenseit des Rheins studirt man mit wachsendem Fleiss
die Sprache und Literatur der Östlichen Nachbarn, vertieft sich hier und
dort in den spekulativen Gang derselben, arbeitet, nicht befriedigt von
den Begebenheiten des Tages und der nächsten Vergangenheit, für eine
gründliche Kenntniss der mittlern Jahrhunderte, welche oft nicht ohne
bedeutende Kosten durch Herausgabe von Urkunden, Denkwürdigkeiten,
Kunstsachen und Provinzialgeschichten vielfach aufgehellt werden und für
die rohe Zerstörungssucht während der Revolution mannichfaltigen Ersatz
bringen. Dabei wächst der Eifer für häuslichen und persönlichen
Nutzen; Geschenke, Bestechungen, Ordens- und Titelsucht, kommen zu
einem gewissen Credit; man raucht sogar Taback und hält kommersch-
ähnliche, von wüthenden Trinksprüchen und geballten Sackfäustchen be-
gleitete Gelage. In Teutschland wird‘dagegen die französische
Leichtigkeit häufiger; alles will rasch und ohne grosse Anstrengung be-
lehrt, vergnügt seyn; nur die Gegenwart gefällt; Zeitungs- und
Broschürenliteratur stehen oben an; die Dämpfe der Eisenbahnen
und Wasserschiffe steigen zu Kopf; die Phantasie beginnt, vom nachtre-
tenden Verstände matt gezügelt, ihre liebenswürdige Herrschaft; mitten
in der Prosa alltäglicher Drangsal führt sie ihr sanftes, mit Rosen und
Vergissmeinnicht umwundenes Scepter; plötzlich sinkt es; Neptuns Dreizack
beruhigt mit einem quos ego die zischenden Wogen; der Befehl von
oben gibt den untern und mittlern Schichten das alte, beliebte Bett der
Gemächlichkeit zurück» Diese merkwürdige Ergänzung der beiden, durch
vortreffliche Eigenschaften ausgezeichneten Nachbarsvölker tritt auch in
der jüngsten diplomatischen Entwicklung hervor. Frankreich,
Oesterreich, Preussen, vielleicht auch der Bund, haben eine Art
Tripelallianz wider die dermaligen Fermentationen der beinahe vereinzelten
Schweiz abgeschlossen. Ausserordentliche Boten eilen von Wien und
Berlin nach Paris, um von dem sogeheissenen Friedensnapoleon
ihre Instruktionen, wenn auch nicht als Befehl, doch als vorherr-
XLI. Jahrg. 2. Doppelheft.
 
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