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656

Mischler: Das deutsche Eisenhüttengewerbe.

„flössen aus dem Betriebe des Hüttengewerbes dieser Gegend. Es lohnte
„so die Sorgfalt, mit welcher es Graf von Reden wenige Jahre vor»
„her zu heben suchte“ (Mischler I. S. 20}. Die militärische Unab-
hängigkeit eines Landes findet sich nämlich häufig selbst von unbedingten
Freihändlern als genügenden Bewegunggrund zugegeben, die nationale
Eisenfabrikation zu schützen. Weiter geht jedoch ein derartiges Zuge-
ständniss nicht. Dass sich an dem aufzusuchenden und zu bildenden Me-
tal auch ein Volk emporbildet und stählt -— wie in einem Arndt’schen
Liede der Ton anklingt: „der Gott, der Eisen wachsen liess“ — dass
die manchfache Körper- und Geistesarbeit, welche vom Bergbau bis zur
Herstellung der feinsten Mule Jenny verwandt wird, ein tüchtiges Stück
der Kultur eines Staates ausmacht, und mit den verschiedenartigsten Pri-
vat- und öffentlichen Bestrebungen auf das innigste verwächst, dass, wie
kürzlich einmal ein geistreicher Kopf bemerkte, „die Chinesen vielleicht
nur desswegen im Laufe ihres selbstständigen Bildungsganges stehen ge-
blieben sind, weil sie kein Eisen verarbeiteten“, das Alles sind für Adam
Riese den Jüngeren und seine Glaubensgenossen unmessbare Grössen.
„Man muss kaufen, wo man am billigsten kauft.“ Dann frei-
lich müssen wir jetzt auf ein viele Jahrhunderte altes deutsches Gewerbe,
auf den Hüttenbetrieb, so weit er nicht Waffen schmiedet, verzichten,
weil England uns gegenwärtig durch frühere Verwendung der Steinkohle
beim Hochofenprozess, durch seine billigen Kapitale, durch seine treffli-
chen Transportmittel, überhaupt durch die viel weiter gehen Conföderation
und Concentration seiner Arbeitskräfte für den Augenblick in Herstellung
des Eisens überflügelt. Wir müssen die Erze unserer Berge unbenutzt
im Boden liegen, eine fleissige, Steuern zahlende Bevölkerung unbeschäf-
tigt darben, unsere Wälder, unsere Grundstücke entwerten lassen, ohne
Hoffnung, dass sie jemals wieder ein blühendes Wirtschaftsleben tragen
werden. Und dagegen finden wir darin Entschädigung, dass wir fortan
für unseren Verbrauch an englischem und belgischem Eisen zehn Silber-
groschen per Centner weniger bezahlen? Unser Verlust an messbaren
wie an unmessbaren Gütern beläuft sich bei Preisgebung unserer Industrie
um Vieles höher als der vorübergehende Gewinn der Kostendifferenz zwi-
schen unserem und dem fremdländischen Stoffe!
(Schluss folgt.)

H
 
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