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Mischler: Das deutsche Eisenhütlengewerbe.

„entgegen in der verzögerten Anwendung der heissen Gebläse-
„lüft. Die allgemeine Anwendnng dieser vortrefflichen Erfindung Neil—
„son’s hat noch mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, obgleich die
„Vorrichtung zur Anwendung derselben so wenig kostspielig ist; die alten
„Vorurtheile gegen dieselbe längst durch erprobte Erfahrungen als halt-
„los erwiesen sind; die Güte des Eisens durch heisse Gebläseluft nicht
„leidet; ein viel leichterer Ofengang herbeigeführt wird; ferner als Haupt-
„bestimmungsgrund für ihre Vorzüglichkeit sie sehr grosse Ersparungen
„an Brennstoff bietet und eine reineres Ausbringen der Beschickung liefert.“
Zweitens aber kann die nothwendige Entwickelung der deutschen
Eisengewinnung und Eisenindustrie nur Hand in Hand mit unserer fort-
schreitenden handelspolitischen Gesetzgebung vor sich gehen. S. 154:
„Den englischen und belgischen Berg- und Hüttenbetrieb trifft jene Steuer
„nicht, die den deutschen Hüttenmann als Zehnten belastend, oft bis
„J/2 des Reinertrages, oft diesen ganz wegwinnt.“ Jenseits unserer Gren-
zen hat der Staat keine dynastischen und politischen Bedenken, durch
schleunige Eisenbahnverbindung der Erz- und Steinkohlenlager der Con-
föderation der producirenden Kräfte jeden möglichen Vortheil zu leisten.
Bei uns erhielt noch vor zwölf Jahren — wie Dr. Andree einmal weit-
läufig in der „Reichszeitung“ erzählt hat — Friedrich List bei sei-
nem persönlichen Anträge auf Erbauung von Schienenwegen von einem
preussischen Minister die Antwort: „Wenn die Engländer so thöricht sind,
ihr gutes Geld in Eisen auf die Strasse zu werfen, so mögen sie dass
immerhin thun; bei uns haben Seine Excellenz der Herr Generalpostmei-
ster von Nagler vortreffliche Chausseen erbaut, die wollen wir doch
zunächst benutzen.“ Wo freilich solche staatswirthschaftliche Grundsätze
in einer Regierung herrschen, da darf man sich dann allerdings nicht ver-
wundern, wenn die von der gesammten britlischen Staatsmacht sorgfältig
getragene englische Industrie bei ihren glücklichen Nalurbedingungen die
unsrige niederzudrücken vermag. Dessenungeachtet würde es dem deut-
schen genügsamen Fleisse vielleicht gelungen sein, sich vermittelst des
vom 1. Sept. 1844 eintretenden Schutzes von 10 Silbergroschen per Cent-
ner Roheisen und l4/2 Thlr. per Centner statt des bisherigen einen Tha-
lers auf den Centner Stabeisen der fremden Concurrenz zu erwehren, ob-
schon (Mischler S. 161) „die Beamten der königlichen Giesserei zu
Berlin die englischen Agenten mit Attesten versahen, um die Vortrefflich-
keit ihres Eisens zu empfehlen“, und binnen acht Jahren von 1836 bis
1843 die Einfuhr fremden Roheisens in den Zollverein von 95,876 auf
3,658,555 Centner, und von Stabeisen und Stahl von 174,304 Centner
 
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