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Czolbe: Darstellung des Sensualismus.

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Universums, und doch sollen, wie dieses System des Sensualismus
will, Begriffe als Erscheinungen frei und gereinigt von allem den
sein, was individuell ist. Da aber alle Materie sich individualisiit
und keine Materie gefunden wird, die nicht individuell ist, so mus
auch das Wesen des Begriffes in der Negation der Materie besteher,
und durch die Materie allein gelangt keine wahre Philosophie zun
Begriffe. Die Vorstellungen werden S. 42 von wiederholten Spurei
äusserer Einwirkungen im Gehirne oder sogenannten „Vorstellungs-
figuren“ hergeleitet. Allein die Spuren lassen sich wohl durch ein?
sich nach Innen fortpflanzende äussere Einwirkung erklären; aber
solche Spuren, solche Figuren im Gehirne sind eben so wenig dij
Vorstellungen oder Bewusstseinsbilder selbst, als die äussern Objecte,
welche diese Gehirnspuren oder Vorstellungsfiguren in der Hirnmassj
durch die mechanische Bewegung der Sinnesnerven veranlassen sol-
len. Vorstellungsfiguren oder wiederholte Gehirnspuren müssen auci
im schlafenden Zustande im menschlichen Gehirn vorhanden seir,
und doch sind in sehr vielen Fällen keine Vorstellungen da, wenig-
stens keine solche, wie sie sich im wahren Zustande zeigen. Als
den Gehirnspuren und Vorstellungsfiguren des Gehirns können Vor-
stellungen entstehen, aber jene sind desshalb noch lange keine Vor-
stellungen. Der Anstoss, welcher, wie im vorliegenden Buche be-
hauptet wird, die Vorstellungsbewegungen im Gehirne veranlass;,
soll aus dem „Gesetze der Resonanz oder der mittönenden Schwin-
gungen“ (S. 43) erklärt werden, was schon von Hartley, Priest-
ley und andern Materialisten und Sensualisten geschah. Diese Er-
klärung ist aber unstatthaft, indem sie höchstens nur dazu dient,
äussere Einwirkungen, die sich in den Nerven fortpflanzen, durch
Vibrationen zu erklären, aber die Hauptsache, die Erscheinungen
des selbst- und weltbewussten Geistes, der durch die Vibrationen
die Einwirkungen empfängt, zu einer förmlichen Null oder zu einer
Summe von Vorstellungsfiguren im Gehirne macht. Und was sind
nun endlich diese „Vorstellungsfiguren“? Spuren, die, so lange nicht
das Vorstellende auf sie aufmerksam wird, niemals Vorstellungen
werden können.
Der Hr. Verf., für den Alles Nichts, als Stoff, ist, will natürlich
nicht nur die Vorstellungen, sondern auch die Begriffe,
Urtheile und Schlüsse in ihrer Entstehung „rein physikalisch“
betrachten, er lässt die Begriffe „mit physikalischer Nothwendigkeit“
stattfinden, führt sie auf Begriffsfiguren zurück, wie die Vorstellun-
gen auf Vorstellungsfiguren, welche sich durch eine Veränderung der
Molekularstruktur im Gehirne darstellen (S. 52). Er kann gewiss
der Behauptung nicht Widerstreiten, dass beim Begreifen, Urtheilen
und Schliessen ein Vergleichen, Trennen und Verbinden, ein Setzen,
Entgegensetzen und Zusammensetzen stattfindet. Dies ist aber offen-
bar etwas ganz Anderes, als „physikalische Nothwendigkeit“, wie
sie sich z. B. im Verdauen, Athmen, dem Kreisläufe des Blutes u. s. w.
zeigt. Derselbe sucht zu zeigen, wie alle Begriffe, Urtheile und
 
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