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Ziller: Die Regierung der Kinder.

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Die Regierung der Kinder. Für gebildete Aettern, Lehrer und
Studirende bearbeitet von Dr. Tuisco Ziller, Privatdocenten
an der Universität Leipzig. Leipzig 1857. 182 S. 8.
Das vorliegende Buch, welches unter der grossen Menge all-
jährlich erscheinender pädagogischer Schriften sich in vieler Beziehung
auszeichnet und der Aufmerksamkeit der Lehrerwelt warm empfoh-
len zu werden verdient, gehört, wie schon der Titel diess hervor-
treten lässt, der Herbart’schen Schule an: von den drei Hauptzwei-
gen des Erziehungsgeschäftes, Regierung, Zucht und Unterricht, er-
fährt hier der erste eine specielle theoretische Bearbeitung.
Zuerst (p. 1 — 20) wird der Begriff der Regierung untersucht.
Dieser ergibt sich daraus, dass schon das Kind wie der Erwachsene
Glied einer Gesellschaft ist, die zu ihrem ungestörten Bestehen von
jedem Einzelnen Beschränkung in mannigfaltiger Weise verlangt.
Zu dieser ist das Kind selbst nicht aufgelegt noch fähig, daher die
Nothwendigkeit einer Regierung desselben, die ihrerseits noch nicht
Erziehung, sondern nur eine der äusseren Bedingungen derselben
ist, da sie das Kind erst fähig machen soll, Glied einer geordneten
Gesellschaft zu werden und sich durchgängig innerhalb der Grenzen
zu bewegen, von deren Einhaltung das Bestehen der letzteren ab-
hängig ist.
Hierauf geht der Verf. dazu fort die Massregeln der Regierung
im Allgemeinen zu besprechen (p. 21—43). Diese sind von dreier-
lei Art. Zuerst die verschiedenen Beschäftigungen, die dem
Kinde dargeboten werden, um es von Unordnungen abzuhalten und
seine Unruhe abzuleiten, denn unzählige Unarten gehen einzig aus
Mangel von Beschäftigung und aus Langweile hervor. Dieses sanfte
Regierungsmittel zeigt sich aber oft als unzureichend: es muss dann
die äussere Gewalt hervortreten, um die Ordnung besser zu
sichern. Diess geschieht zunächst in der Form von Befehl und
Verbot, denen sich zu grösserem Nachdruck die Drohung zugesellt.
Die Drohung und die Strafe, welche im Uebertretungsfalle auf sie
folgt, disponiren das Kind zu Verheimlichung und Lüge; daher macht
sich Aufsicht nothwendig, die den verlangten Gehorsam zu überwa-
chen hat. Durch alle diese Mittel wird gleichwohl noch nicht ein
pünktlicher und williger Gehorsam erreicht, auf den die Regierung
jedoch nicht verzichten kann, weil Sicherheit der gesellschaftlichen
Ordnung nur durch Willigkeit des Gehorsams verbürgt wird. Daher
bedarf die Regierung endlich noch der Autorität und Liebe,
deren Wirksamkeit deshalb eine starke und zuverlässige ist, weil durch
sie die Geistesrichtung des Erziehers dem Zögling mitgetheilt wird.
Im dritten und letzten Theile des Buches (p. 43 179), der
wohl zweckmässiger mit dem vorhergehenden in Eins verschmolzen
worden wäre, werden den eben bezeichneten Hauptgedanken ihre
näheren Bestimmungen hinzugefügt, um die Moralitäten ihrer prak-
tischen Ausführung gehörig überblicken zu lassen. Die Darstellung
 
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