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Basilius Rede u. s. w. von Lothholz.

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schönen Vers, ein schönes Bild oder Gefühl dieser ganzen gereim-
ten Chronik des Marktplatzes in Florenz vor. Anstatt ein episches
Gedicht, weit und unsterblich wie die Natur, zu schaffen, hat Dante
die florentinische Zeitung für die Nachwelt geschrieben. Dies ist
das Laster der Hölle des Dante. Eine Zeitung lebt nur einen Tag;
aber der Styl, in welchem Dante diese Zeitung geschrieben hat,
ist unvergänglich. Setzen wir also dieses bizarre Gedicht auf sei-
nen wahren Werth, der in dem Styl oder vielmehr in einigen Frag-
menten von Styl besteht. Wir denken in dieser Beziehung wie
Voltaire, der Prophet des gesunden Verstandes: Nehmt von dem
Gedicht Dante’s sechzig oder achtzig erhabne und wirklich unsterb-
liche Verse weg, so bleibt nichts als Wolke, Barbarei, Trivialität
und Finsterniss übrig. Was uns betrifft, so fanden wir in Dante
nur einen grossen Erfinder des Styles, einen grossen Sprachschöpfer,
der in einer Conception voll Finsterniss verirrt war, ein ungeheures
Dichterfragment in einer geringen Zahl Fragmente von Versen, die
weniger geschrieben als mit dem Meissel dieses Michel-Angelo der
Poesie gravirt waren; eine grobe Trivialität, die bis zum Cynismus
der Wörter und zur Unzucht der Bilder herabsinkt; eine Quintessenz
der scholastischen Theologie, die sich bis zur Verdampfung der Idee
erhebt; kurz, um Alles in einem Wort zu sagen, einen grossen
Mann und ein schlechtes Buch.“
So urtheilt über den grössten Dichter Einer, der auch ein
Dichter und Geschichtschreiber sein will, und der jetzt einer der
gefeiertsten in Frankreich ist. Auf den Blödsinn ist eigentlich nichts
zu erwiedern. Doch hat ein Herr Benedetto Castiglia in einer eignen
Broschüre: Dante Ailighieri ou le problbme de l’humanitö au moyen
äge. Paris 1857, seinen Dichter gegen den Franzosen wacker ver-
theidigt. JE. Ruth.

Basilius des Grossen Rede an christliche Jünglinge über den
rechten Gebrauch der heidnischen Schriftsteller. Griechischer
Text mit deutschen Anmerkungen von Dr. Gustav Lothholz,
Professor am Gymnasium zu 'Weimar. Jena. Druck und
Verlag von Friedrich Mauke 1857. XXII und 153 S. in gr. 8.
Der in neuester Zeit wieder mehrfach, in Deutschland wie in
Frankreich, aufgetauchte Streit über die Lectüre der alten, heidni-
schen Classiker auf unsere christlichen Lehranstalten hat die Auf-
merksamkeit unwillkürlich wieder zurückgeführt auf die Zeugnisse
des christlichen Alterthums selbst, welche in der ersten Zeit der
sich erhebenden christlichen Wissenschaft und Bildung auf die Lec-
türe der ältere heidnischen Schriftsteller dringen und darin gerade
die nothwendige Vorbereitungs- und Bildungsschule zur wahren Christ
liehen Wissenschaft erkennen. Unter diesen Zeugnissen nimmt die
Ansprache, die der h. Basilius an einige ihm nahe stehende junge
 
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