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Kr, 43. HEIDELBERGER 1863.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Neue Zeitschrift für Rechtswissenschaft in Spanien.
(Schluss.)
Nach dem Pisaner Professor herrschten nämlich vier Jahr-
tausende lang (offenbar von dem s. g. Anfang der Geschichte bis
Beccaria) drei Grundsätze im Strafrecht: 1) Privatrache, 2) Aber-
glaube, welcher die beleidigte Gottheit rächen will, und 3) die
Willkür des Staatsherrschers. Erst mit Beccaria wird endlich die
Gerechtigkeit als Grundlage des Strafrechts anerkannt, und nach-
dem durch Beccarias Buch „der schreckliche Koloss des früheren
Strafrechts zerschmettert ist“, „erhebt das Strafrecht seine von
höherem Licht gebadete heitere Stirne.“ Ebenso hohle Redensarten
und die gleiche Unreife zeigt die Arbeit des dritten italienischen
Mitarbeiters, Anwalt Setti von Bologna (I. S. 83). Weil er in
seiner Heimat bemerkt, dass bei den Gerichten grosser Unfug mit
s. g. Empfehlungen getrieben werde, bringt er flugs einen mit Er-
wägungsgründen und allem Zubehör ausgearbeiteten Gesetzentwurf
wonach Jedermann, der sich erlaubt, in einer anhängigen Rechts-
sache bei einem Richter oder seiner Frau u. s. w. eine Empfeh-
lung, wenn auch nur durch Zeichen, anzubringen, wegen
Versuchs der Bestechung schwer gestraft wird. Der betreffende
Richter muss natürlich bei Strafe schimpflicher Entlassung alsbald
Anzeige von der versuchten Bestechung machen u. s. w.
Trefflich gearbeitet und meines Erachtens die besten Stücke
der neuen Zeitschrift sind die Aufsätze, welche Fragen der Ge-
setzgebung praktisch behandeln und dabei Rückblicke auf die frü-
heren Entwicklungsstufen des spanischen Rechts werfen. Die Spanier
erfreuen sich dabei der beneidenswerthen Lage, eine nationale
Rechtsentwicklung zu haben, welche gleich dem englischen common
law niemals durch Gesammtannahme eines fremden Rechts entmannt
worden ist, sondern sich damit begnügte, das nationale Recht durch
den Einfluss des hochentwickelten fremden Rechts fortzubilden.
Darum können die spanischen Rechtsgelehrten mit Stolz auf ihr
Fuero Juzgo, ihr Fuero Real und die Partidas zurückschauen, denn
diese Sammlungen sind bis heute noch Quellen für ihr geltendes
Recht. Zu den erwähnten Aufsätzen gehört besonders jener über
richterlicheV erantwortüchkeit von Ortiz deZunniga
(I. S. 97). In demselben werden nicht blos die Bedürfnisse der
Gesetzgebung mit überzeugender Klarheit dargelegt, sondern auch
in schönem geschichtlichen Bilde die Bestimmungen der alten spa-
nischen Rechtsbüchcr, der späteren und der neuesten Gesetze dar-
LVI. Jahrg. 9. Heft. 4.3
 
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