Chronik der Universität Heidelberg für das Jahr 1863.
Am 22. November feierte die Universität auf herkömmliche
Weise das Fest der Geburt ihres erlauchten Restaurators, des höchst-
seligen Grossherzogs Karl Friedrich. Die Festrede des zeitigen
Prorectors, Geheimenrathes von Vangerow, welche seitdem im
Druck erschienen ist*), verbreitete sich über die Lex Voconia.
Der Redner, indem er sich einem eben so schwierigen und
dunkeln, als in neuerer Zeit vielfach besprochenen Gegenstand —-
wie schon die reiche, S. 1 darüber angeführte Literatur zeigen
kann, — zuwendete, zeigte zuerst, dass dieses Gesetz im Jahre
585 u. c. und zwar in der ersten Hälfte dieses Jahres zu Stande
gekommen, und ging dann näher auf den Inhalt desselben ein in
dessen zwei Hauptbestimmungen, welche beide von eingehender
Wichtigkeit für die Entwickelung des römischen Erbrechts waren,
insofern durch die eine das Erbrecht der Frauen wesentlich be-
schränkt, durch die andere ein gesetzliches Maas für Vermächt-
nisse angeordnet wurde. Eine umfassende Darstellung ist der ersten
Bestimmung dieser Lex gewidmet, durch welche der ganz neue
Rechtssatz eingeführt wurde, dass kein wohlhabender eine Frau
zum Erben einsetzen dürfe. Der Redner zeigt, welche Missstände,
namentlich die im sechsten Jahrhundert eingetretene Veränderung
im Leben des römischen Volkes, die nähere Veranlassung zu einem
Gesetze gaben, welches eine wünschenswerthe Abhülfe dagegen
bieten sollte, und auch nur den Zweck hatte, den Erwerb grossen
Reichthums den Frauen zu erschweren, und die Zahl der reichen
Frauen zu vermindern; es wird weiter gezeigt, und insbesondere
aus Gajus erwiesen, das bei diesem Gesetz Voconius auch nur die-
jenigen Testatoren im Auge hatte, welche in der ersten Serviani-
schen Classe censirt waren; in eben so erschöpfender Weise wird
*) Vortrag zum Geburtsfeste des höchstseligen Grossherzogs Karl
Friedrich von Baden und zur akademischen Preisvertheilung am 23. Nov.
1863 von Dr. C. A. v. Vangerow, Grossh. Bad. Geheimenrath und ordentl.
Professor des Rechts, Commandeur erster Classe des Grossh. Ordens vom
Zähringer Löwen, dermaligem Prorector. Ueber die Lex Voconia. Heidel-
berg 1863. Buchdruckerei von Georg Mohr, 41 S. 4,
LVI. Jahrg. 12. Heft.
61
Am 22. November feierte die Universität auf herkömmliche
Weise das Fest der Geburt ihres erlauchten Restaurators, des höchst-
seligen Grossherzogs Karl Friedrich. Die Festrede des zeitigen
Prorectors, Geheimenrathes von Vangerow, welche seitdem im
Druck erschienen ist*), verbreitete sich über die Lex Voconia.
Der Redner, indem er sich einem eben so schwierigen und
dunkeln, als in neuerer Zeit vielfach besprochenen Gegenstand —-
wie schon die reiche, S. 1 darüber angeführte Literatur zeigen
kann, — zuwendete, zeigte zuerst, dass dieses Gesetz im Jahre
585 u. c. und zwar in der ersten Hälfte dieses Jahres zu Stande
gekommen, und ging dann näher auf den Inhalt desselben ein in
dessen zwei Hauptbestimmungen, welche beide von eingehender
Wichtigkeit für die Entwickelung des römischen Erbrechts waren,
insofern durch die eine das Erbrecht der Frauen wesentlich be-
schränkt, durch die andere ein gesetzliches Maas für Vermächt-
nisse angeordnet wurde. Eine umfassende Darstellung ist der ersten
Bestimmung dieser Lex gewidmet, durch welche der ganz neue
Rechtssatz eingeführt wurde, dass kein wohlhabender eine Frau
zum Erben einsetzen dürfe. Der Redner zeigt, welche Missstände,
namentlich die im sechsten Jahrhundert eingetretene Veränderung
im Leben des römischen Volkes, die nähere Veranlassung zu einem
Gesetze gaben, welches eine wünschenswerthe Abhülfe dagegen
bieten sollte, und auch nur den Zweck hatte, den Erwerb grossen
Reichthums den Frauen zu erschweren, und die Zahl der reichen
Frauen zu vermindern; es wird weiter gezeigt, und insbesondere
aus Gajus erwiesen, das bei diesem Gesetz Voconius auch nur die-
jenigen Testatoren im Auge hatte, welche in der ersten Serviani-
schen Classe censirt waren; in eben so erschöpfender Weise wird
*) Vortrag zum Geburtsfeste des höchstseligen Grossherzogs Karl
Friedrich von Baden und zur akademischen Preisvertheilung am 23. Nov.
1863 von Dr. C. A. v. Vangerow, Grossh. Bad. Geheimenrath und ordentl.
Professor des Rechts, Commandeur erster Classe des Grossh. Ordens vom
Zähringer Löwen, dermaligem Prorector. Ueber die Lex Voconia. Heidel-
berg 1863. Buchdruckerei von Georg Mohr, 41 S. 4,
LVI. Jahrg. 12. Heft.
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