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Schriften über Gefängnisswesen.

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nur durch, den Bau eines oder mehrer neuen Straf- und zwar
Zellenhäuser in gesunderer Lage zu helfen.
Ein schwerer Fehler in den bisher gebauten Zellengefängnissen
Hollands ist noch der, dass besondere Räume für Schule und
Kiiche mit amfitheatralisch geordneten Reihen hölzerner Zellen-
stühle ganz fehlen, während Dergleichen in Bruchsal vorhanden
sind und gar Nichts zu wünschen übrig lassen. Wir sind überzeugt,
dass C. dieser Einrichtung, wenn er sie gesehen hätte, unbedenk-
lich den Vorzug geben würde; ebenso den bei Weitem freund-
licheren Zellen in Bruchsal, die mit grossen und — Was eine
Hauptsache ist — von den Gefangenen selbst nach Bedürfniss zu
öffnenden Fenstern mit hellem Glas versehen sind. Mit Grund rügt
G. das dermalige nothgedrungene Horchen der Zell en gefangen en
beim Gottesdienst an den halbgeöffneten Thüren, das den Augen
nachtheilige, Nichts nützende, matte Glas und die befestigten Nacht-
stühle, die ein Hauptgeräth der holländischen Zellen bilden. Dass
überdiess die Gefangenen in diesen Nachtstühlen mit Leichtigkeit
Arbeitstoffe u. s. w. spurlos verschwinden lassen können, ist ein
weiterer Missstand, dessen, wenn wir uns recht erinnern, C. selbst
früher mündlich gegen uns Erwähnung gethan hat, während er
sich jetzt gegen die von G. befürworteten tragbaren Nachtge-
schirre ausspricht. G. missbilligt endlich ganz richtig den Uebel-
stand, dass gerade die nur zu kurzen Freiheitstrafen (durch die
Kantonsrichter) Verurtheilten jetzt in Holland nicht in die Zelle
kommen (S. 28). Die monatliche Zusammenkunft aller Gefäng-
nissbeamten in Vechta, von der G. sich viel Gutes verspricht, muss
übrigens in jedem Zellengefängniss, das seiner Bestimmung ent-
sprechen soll, täglich stattfinden, wie es auch in Bruchsal der
Fall ist. Wo es daran fehlt, da ist ein gehöriges Zusammen-
wirken der Hausbeamten ein Ding der Unmöglichkeit. Auch kann
es begreiflich durch kein, wenn auch noch so zweckmässiges und
zur Beihülfe und Ueberwachung wünsc.henswerthes, ja, wie C. be-
merkt, unentbehrliches Zusammenwirken von Mitgliedern freier Ge-
fängnissvereine (Kollegien von „regenten“) ersetzt werden.
C. tadelt mit Grund aufs Schärfste, dass ein Mann, der an
der Spitze des Gefängnisswesens stehe, anstatt Thatsachen beizu-
bringen , wodurch die nach seiner Meinung nachtheilige Wirkung
der reinen Zellenhaft dargethan werde, nur in unbestimmten schönen
Worten sich gefalle zu Gunsten einer durchaus widersinnigen Ver-
quickung der Einzelhaft mit der Gesammthaft, vollends unter dem-
selben Dach. Das Schielende solcher Zwittereinrichtungen vergleicht
C. scharf, aber treffend (S. 7), mit der alten Verfahrensweise aus
der Zeit der Postkarren und Treckschuiten, die sich ohne Lächer-
lichkeit nicht beibehalten lasse beim Eisenbahnverkehr. Entweder
sei das gegenseitige Kennenlernen der Sträflinge gleichgültig o d e r
verderblich, und als verderblich müsse es nach dem Grundgedanken
der Einzelhaft gelten; Beides zugleich sei aber unmöglich; und
 
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