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Hage mann: Logik und Noetik,

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Ursprung aus der Vernunft zu begründen im Stande ist. Wenn
der Herr Verf. S. 5 andeutet, dass die Philosophie »für den gläu-
bigen Christen nur so lange Anspruch auf Wahrheit machen kann,
als sie in ihren Resultaten und Consequenzen mit der Theologie
übereinstimmt«, so hat er gewiss Unrecht, wenn er damit die Be-
hauptung verbindet, dass »diese Unterordnung der Philosophie unter
die Theologie ihrer Selbstständigkeit keinen Abbruch thue«, und
dass dieses Verhältniss daher »kein eigentliches Dienstverhältnisse
sei. Wenn eine Wissenschaft keine andern Resultate und Conse-
quenzen ziehen darf, als diejenigen, welche mit den Resultaten und
Consequenzen einer andern ihr übergeordneten Wissenschaft über-
einstimmen, ist eine solche Wissenschaft selbstständig, ist sie nicht
vielmehr in einem wirklichen Dienstverhältniss zu dieser höher ge-
stellten Wissenschaft, da sie eben wirklich das herausbringen muss,
was man ihr vorschreibt? Sie ist nicht nur in einem Dienstver-
hältniss, wie das bei der Philosophie gegenüber der Theologie im
Mittelalter der Fall war, sondern sie erscheint geradezu überflüssig,
da ja die Wahrheiten der übergeordneten Wissenschaft »tiefer« und
»umfassender« sind. Sagt doch der Herr Verf. S. 5 selbst: »An
sich ist die Philosophie nicht christlich und nicht heidnisch, so
wenig als die Mathematik und die übrigen Wissenschaften.«
Die Logik würde Ref. lieber Denkwissenscbaft als Denklehre
nennen, da das Denken über das Denken schon das Denken vor-
aussetzt, also nicht gelernt und gelehrt werden kann. Man macht
auf die in uns vorhandenen Thatsachen des Bewusstseins aufmerk-
sam ; man bringt das dem Denken bewusstlos zu Grunde Liegende,
in allem Denken vor sich Gehende in der Wissenschaft zum Be-
wusstsein.
Die Geschichte der Logik weist mit Sachkenntniss auf die
Hauptrichtungen und die ihnen entsprechenden Hauptwerke der
Logik. Am Schlüsse werden auch noch »folgende Werke der Ordens-
tradition« und zwar aus dem »Jesuitenorden« stammende Lehr-
bücher der Logik von Dmowski, Rothenflue, Boylesve, Liberatore;
Tongiorgi, Sanseverino u. s. w. angeführt, die man wohl nicht als
Musterbücher bezeichnen kann.
Es ist richtig, dass die progressive Schlusskette vom Allge-
meinen zum Besonderen (Engeren) oder vom Grunde zur Folge
fortschreitet, und dass bei der regressiven Schlusskette das Umge-
kehrte stattfindet. Aber es ist unrichtig, dass, wie es S. 51 heisst,
die progressive die »prosyllogistisclie«, die regressive die »episyl-
logistische« Schlusskette ist. Man nennt die progressive die epi-
syllogistiscbe, weil sie, vom Prosyllogismus zum Episyllogismus vor-
schreitend, mit dem letzten Episyllogismus schliesst. Die regressive
aber wird deshalb die prosyllogistische genannt, weil sie, vom
Episyllogismus zum Prosyllogismus rückschreitend, mit dem ersten
Prosyllogismus endigt. Die Schlusskette ist auch unter dem Namen
des Polysyllogismus bekannt und darum der Kettenschluss ein ab-
 
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