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Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereins.
der evangelischen Propaganda von der Metropole Genf einen ganzen
Sack voll Missionsschriften nach Montpellier brachte.
In Cette erhielt ich Reisegefährten für Barcelona, drei Chi-
lenen, der Professor der Geschichte aus Santiago, Cifuentes, und
zwei Privatleute Astorga und Cannas. Die Herren kamen von Rom,
wohin sie in langer Reise durch die Maghellanstrasse ihre Bischöfe
sammt vielen Landsleuten begleitet hatten. Da Pio nono vor fast
fünfzig Jahren selbst mit einer kirchlichen Mission in Chili ge-
wesen war, war diese Gesellschaft von ihm besonders freundlich
empfangen worden und die drei Herren hatten mehrere Monate in
Rom zugebracht. Jetzt wollten sie das übrige Europa sehen und
zunächst das Stammland der amerikanischen spanischen Staaten,
dessen Sprache sie zwar redeten, auf dessen Boden sie aber mehr
fremd waren als ich selbst. Wir redeten Alanches von der gross-
artigen Natur des Landes Chili > den steil aufsteigenden himmel-
hohen Cordilleren, den Thieren, die sie bewohnen, von der Streb-
samkeit der Bewohner, der raschen Entwicklung des Eisenbahn-
netzes.
Die Herren waren stolz auf ihr Vaterland, sahen kein anderes
staatliches Heil, als das der Republik und ihre Kritik der augen-
blicklichen spanischen Regierung war keine schonende. Um so
merkwürdiger erschien das starre Festhalten an der Kirche, die
doch alles Andre als republikanisch ist. Sie, die im Staate die
stärkste Berechtigung der Individualität vertraten, erwarteten in
allen Punkten den Entscheid des Conzils und Papstes, um danach
ihren Glauben zu regeln.
Dieser Inkongruenz, einer zur Gewaltthat neigenden, angeblich
freiheitlichen Gesinnung auf dem Gebiete der Politik und dem sich
Bescheiden, dem sich knechtisch Unterwerfen, ja der fanatischen
Parteinahme für die Macht der Kirche auf dem der Religion be-
gegnet man in Spanien nicht selten; es ist der Tenor eines wesent-
lichen Theils der föderalistisch republikanischen und sozialen Presse.
Die Regierung steht in der jetzt gegen Andersgläubige geübten
Duldung einer förmlichen Coalition der demokratischen und der
ultramontanen Partei gegenüber, sie wird von jener ebenso eine
aufrichtige Mitwirkung nicht zu erwarten haben, wo sie die
Organe der Kirche dem Verfassungsleben unterwerfen will; Alles,
was in diesen beiden Stücken geschehen ist, ist vorläufig wesent-
lich erst auf dem Papier und wird seine Krise noch durchmachen
müssen.
Das Bündniss anscheinend so widerstrebender Principien und
Elemente scheint die Frucht eines tief angelegten Planes der ultra-
montanen Partei zu sein, welche die Staatsgewalt, die nicht mehr
ihr Säckel und ihr Arm sein will, möglichst kraftlos und unsicher
zu machen begehrt, damit sie erst im eignen Gebiete und dann
wieder im Staate um desto gewaltiger und mächtiger dastehe.
Man sollte glauben, in einem Lande, dessen Elend wesentlich der
Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereins.
der evangelischen Propaganda von der Metropole Genf einen ganzen
Sack voll Missionsschriften nach Montpellier brachte.
In Cette erhielt ich Reisegefährten für Barcelona, drei Chi-
lenen, der Professor der Geschichte aus Santiago, Cifuentes, und
zwei Privatleute Astorga und Cannas. Die Herren kamen von Rom,
wohin sie in langer Reise durch die Maghellanstrasse ihre Bischöfe
sammt vielen Landsleuten begleitet hatten. Da Pio nono vor fast
fünfzig Jahren selbst mit einer kirchlichen Mission in Chili ge-
wesen war, war diese Gesellschaft von ihm besonders freundlich
empfangen worden und die drei Herren hatten mehrere Monate in
Rom zugebracht. Jetzt wollten sie das übrige Europa sehen und
zunächst das Stammland der amerikanischen spanischen Staaten,
dessen Sprache sie zwar redeten, auf dessen Boden sie aber mehr
fremd waren als ich selbst. Wir redeten Alanches von der gross-
artigen Natur des Landes Chili > den steil aufsteigenden himmel-
hohen Cordilleren, den Thieren, die sie bewohnen, von der Streb-
samkeit der Bewohner, der raschen Entwicklung des Eisenbahn-
netzes.
Die Herren waren stolz auf ihr Vaterland, sahen kein anderes
staatliches Heil, als das der Republik und ihre Kritik der augen-
blicklichen spanischen Regierung war keine schonende. Um so
merkwürdiger erschien das starre Festhalten an der Kirche, die
doch alles Andre als republikanisch ist. Sie, die im Staate die
stärkste Berechtigung der Individualität vertraten, erwarteten in
allen Punkten den Entscheid des Conzils und Papstes, um danach
ihren Glauben zu regeln.
Dieser Inkongruenz, einer zur Gewaltthat neigenden, angeblich
freiheitlichen Gesinnung auf dem Gebiete der Politik und dem sich
Bescheiden, dem sich knechtisch Unterwerfen, ja der fanatischen
Parteinahme für die Macht der Kirche auf dem der Religion be-
gegnet man in Spanien nicht selten; es ist der Tenor eines wesent-
lichen Theils der föderalistisch republikanischen und sozialen Presse.
Die Regierung steht in der jetzt gegen Andersgläubige geübten
Duldung einer förmlichen Coalition der demokratischen und der
ultramontanen Partei gegenüber, sie wird von jener ebenso eine
aufrichtige Mitwirkung nicht zu erwarten haben, wo sie die
Organe der Kirche dem Verfassungsleben unterwerfen will; Alles,
was in diesen beiden Stücken geschehen ist, ist vorläufig wesent-
lich erst auf dem Papier und wird seine Krise noch durchmachen
müssen.
Das Bündniss anscheinend so widerstrebender Principien und
Elemente scheint die Frucht eines tief angelegten Planes der ultra-
montanen Partei zu sein, welche die Staatsgewalt, die nicht mehr
ihr Säckel und ihr Arm sein will, möglichst kraftlos und unsicher
zu machen begehrt, damit sie erst im eignen Gebiete und dann
wieder im Staate um desto gewaltiger und mächtiger dastehe.
Man sollte glauben, in einem Lande, dessen Elend wesentlich der