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Nr. 3.

HEIDELBERGER

1871.

Neueste Literatur auf dem Gebiete der antiken
Vasenkunde.

(Fortsetzung.)
Europa auf dem Stier ist ebenfalls eines jener bedeut-
samen mythologischen Gebilde, das den Uebergang aus dem phöni-
kischen in den griechischen Cultus an bestimmter Stelle in be-
stimmter Weise markirt. Stephani (S. 101) sowohl wie 0. Jahn
(S. 19), dieser in weiterer Beziehung auf reitende Göttinnen über-
haupt haben dies bei ihren Untersuchungen anerkannt, aber mit Recht
nicht dabei in unbestimmter Allgemeinheit sich begnügt, sondern
einestheils den weiteren Kreis von Darstellungen weiblicher Ge-
stalten auf Stieren durchsucht, um die charakteristischen Kenn-
zeichen für die Auffassung als Europa herausstellen, anderntheils
den Entwickelungsgang in diesem bestimmten Europamotiv in sei-
nem Hauptmomenten verfolgt. Jene Aufgabe ist von Stephani
unter Bezugnahme und theilweise Beschränkung des im Compte
rendu 1863. p. 134 ff. Ausgesprochenen durchgeführt, diese in Jahns
Arbeit mit seiner besonderen Begabung für den Nachweis der
Umgestaltung der Motive erörtert.
In den weiten Umkreis jener Darstellungen mit dem Stier
fallen notorisch Gestalten des bacchischen Kreises, charakterisirt
durch Weinranken, durch sonstige bacchische Umgebung und die
Beziehung des Stiers zu Dionysos selbst, der als stierfüssiger in
Elis, ja als »werther Stier« angerufen ward (Plut. Qu. gr. 36),
dessen Doppelbüste mit dem Stierkopf wohl bekannt sind, welcher
selbst aut dem Stiere reitet (Gerhard, Auserles. Vasenb. Taf. 47).
Artemis Tauropolos, dann Nike auf dem Stier, zieht Stephani mit
Recht herein, dagegen weist er die Auffassung einer auf einem
Stier sitzenden Gestalt mit Eackel, Aehre und Mohn auf einem
Carneol der Petersburger Sammlung (Wieseler-Müller, Denkm. der
a. K. II. Taf. 8. 95) als Demeter ab, sondern fasst sie als Jahres-
zeit des Sommers. Gewiss nicht mit Recht, jede einfache Betrach-
tung wird in Fackel neben Mohn und Aehre nur Symbole der De-
meter selbst sehen, besonders in einem so schönen, nicht nach
spätrömischen Mosaiken zu bestimmenden Werke. Hinzukommt nur
noch, dass Europa selbst, was Jahn sehr richtig betont, in Boeotien,
im Heiligthum des Trophonios, Beiname der Demeter war. Ich
habe inzwischen (Archäolog. Zeitung 1868. Tafel 9. S, 52—56)
ein archaisches Vasenbild aus Berlin zuerst veröffentlicht, in dem
LXIV. Jahrg. 1. Heft. 3
 
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