Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kr. 5· HEIDELBERGER 1871.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Horatius. Ed. Keller et Holder II, 2.
(Schluss.)

Der andere Theil der eben erwähnten Handschrift von St.
Emmeran stimmt ganz mit der Berner des neunten Jahrhunderts,
welche als Hauptrepräsentant der zweiten Classe erscheint, so dass
die Verbindung dieser beiden Handschriften den gemeinsamen Arche-
typus wenigstens einigermassen erkennen lässt: es lässt sich dieser
Classe auch die bekannte Gothaer, aber viel jüngere Handschrift
zuzählen, doch wird dabei wohl zu beachten sein, was S. XVII
über deren Beschaffenheit, so wie auch über den ältesten Blandi-
nianus bemerkt wird, über dessen Lesarten keine völlige Sicherheit
vorwaltet. Auch die dritte Classe erhielt Zuwachs durch eine
Leidner des zehnten Jahrhunderts, die älteste unter denen, welche
die Subscription des Mavortius enthalten, dann durch zwei in dem
brittischem Museum befindliche Handschriften ungefähr gleichen
Alters, und einige andere Handschriften, die wir nicht alle hier
aufzählen können: wir verweisen deshalb auf das Vorwort: jeden-
falls wird aber daraus zur Genüge hervorgehen, dass eine jede dieser
drei von den Herausgebern statuirten Classen aus Handschriften
gebildet ist, die in das Karolingische Zeitalter hinaufreichen und
ergibt sich daraus auch das Verhältniss, in welchem damals schon
die handschriftliche Ueberlieferung der Gedichte des Horatius sich
befand. Diese dreifache Gliederung ist nach S. XVIII auf die
Weise zu erklären, dass aus einer ganz reinen Quelle (ex uno eoque
bono fonte) die Handschriften erster und zweiter Classe geflossen
sind, die der ersten Classe an einigen Schreibfehlern und leicht zu
erkennenden* Conjecturen von Grammatiken leiden, der Archetypns
der andern Classe aber durch die von einem Gelehrten vorgenom-
menen eigenmächtigen Aenderungen Entstellungen erlitt; die dritte
Classe ist aus einem minder reinen und durch Fehler und leicht-
sinnigen Verbesserungen entstellten Archetypus geflossen, und hat
im Laufe der Zeit noch mehr Verderbnisse erlitten: um also die
wahre Lesart des gemeinsamen Archetypus zu ermitteln, werden
die Schreibfehler der ersten, besten Classe und die rhetorischen
oder poetischen Aenderungen oder Verbesserungen, wenn man es
so nennen will, der zweiten Classe zu vermeiden, und eben so die
zahlreichen Fehler und Entstellungen der dritten Classe abzuweisen
sein; »hoc si feceris (so schliesst dann der Herausgeber) formam
LX1V. Jalirg. 1. Heft. 5
 
Annotationen