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Kr. 20. HEIDELBERGER 1871.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Gregorovius: Geschickte der Stadt Rom.

(Schluss.)
Es ist ferner Niemanden unbekannt, wie die Curie im Kirchen-
staate es mied, der durch die Renaissance und durch die Beschäf-
tigung mit den Staatstheorieen des Alterthums geweckten Aufmerk-
samkeit auf das, was man die Entwicklung eines Staates nennt,
Rechnung zu tragen. Nichtsdestoweniger selbst die Trägerin der
Idee von einem politischen Staate, gerieth sie dahin, sich in die
Entwicklung der europäischee Staaten unbewusst und blindlings zu
verflechten. Deshalb kam es zu spät, als ihr, während sie selbst
seit dem fünfzehnten Jahrhundert immer noch geglaubt hatte, der
Geschichte zu präsidiren, hierüber neuerdings die Augen aufgingen.
Wenn die Curie nur erkännte, dass die Durchsetzung des dem
Staate Gebührenden mit Formen für transcendentale Zwecke dies
Ende herbeigeführt hatte, welches die Geschichte als den Unter-
gang des Kirchenstaates in ihre Tafeln eingezeichnet hat! Der
Staat hatte in demselben Grade nach und nach eine Macht erhal-
ten, die ihn befähigte, sich für das zu bedanken, was die Curie
ihm in der Vergangenheit wie eine Wohlthat gereicht zu haben
glaubte, für die Leitung von Rom aus.
Der Abschluss der römischen Frage, welchen die letzte Par-
lamentsakte des vergangenen Jahres gebracht hat, bezeichnet einen
Abschnitt in der Geschichte Italiens. Ich will mich auf eine an-
dere Frage, die gegenwärtig die Parteigänger eines Staates für den
Papst beschäftigt, obwohl sie so nahe an die Geschichte grenzt,
die sich in unseren Tagen vollzogen hat, nicht einlassen. Die Be-
rechtigung dieser Bestrebung hängt aufs Innigste mit der Frage nach
der Macht zusammen, denselben Erfolg zu sichern. Darum aber gehört
diese Frage in das politische Gebiet. Indem ich bei der Geschichte
bleiben will, sehe ich zuerst mich der Beobachtung gegenüber,
dass wir erst jetzt im Stande sind, die Zwischenzeit, wie ich sie
oben begrenzt habe, für die Bestrebungen der Römer unter den
mittelalterlichen Päpsten zu erklären. So manche Bewegung, die
in der Bevölkerung der altehrwürdigen Weltstadt wurzelte, und
unter ihr ins Leben trat, bekommt im Hinblick auf die neueste
Umwandlung der Dinge daselbst eine ganz andere Bedeutung.
Darum können wir auch das bisher erforschte und bei v. Reumont
wie bei Gregorovius mit methodischem Verständniss verwerthete
LXIV. Jahrg. 4. Heft. 20
 
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