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Ur. 4.

HEIDELBERGER

1871.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Die Bedeutung der biblischen Geographie für die biblische Exegese
von Konrad Furrer, Privatdocent an der Universität in
Zürich. Zürich, Orell Füssli u. Comp. 1870.
Dieses frisch und anziehend geschriebene Werkchen hat der
Unterz, mit Befriedigung und nicht ohne daraus Nutzen zu ziehn
gelesen. Hr. F., welcher bekanntlich Palästina zu Fusse durch-
wandert und eine Beschreibung seiner Reise herausgegeben hat,
stellt an die Spitze den Satz, dass der Geschichtschreiber mit der
Heimath seiner Erzählung durchaus vertraut sein müsse. Ohne
dass der Verf. allzuviel von einer genaueren Landeskunde erwarten
will S. 3., sucht er an Beispielen zu zeigen, wie die geographische
Forschung für eine richtige Ansicht der biblischen Berichte sich
verwerthen lasse. Er merkt an, wie dass die Sagen vom Paradies
und von der Sintfluth ausländischen Ursprung verrathen, unter-
nimmt es, die geistige Entwicklung Mose’s aus seinem Weilen auf
der Sinaihalbinsel zu construiren, und zeichnet mit wenigen tref-
fenden Strichen die Beschaffenheit derselben, durch welche die
biblische Schilderung des Zuges der Israeliten nach Canaan be-
stätigt wird. Er rechtfertigt soweit auch die Beschreibung der
Stiftshütte und ihrer Geräthschaften, ohne gleichwohl zu verkennen,
dass andrerseits z. B. in Angabe der Zahl der Ausziehenden spä-
terer Bestand aus der Zeit des Erzählers sich reflektirt hat S. 9.
Von S. 13. an fragt es sich dem Verf. um die Ergebnisse
geographischer Untersuchung für das Leben Jesu, und zunächst in
den Berichten der Synoptiker deckt er aus manchen Einzelangaben
den historischen Hintergrund auf. Er betont mit Fug den Fisch-
reichthum des Sees Gennesaret, bringt Aussagen bei, dass oft plötz-
lich heftige Stürme über denselben hereinbrechen, und weist an
. der Hand Thomsons die Stelle nach, wo — zu Gergesa, nicht
Gadara — die Schweineheerde ins Meer gestürzt ist. Dem Verf.
des 4. Evangelium, welchen er gegenüber den Synoptikern in der
Kürze richtig charakterisirt, spricht er eine theilweise sehr genaue
Kenntniss des Terrains zu (S. 20.), kraft deren er durch kleine
individuelle Züge den freien Gebilden seines Geistes ein concretes
Relief schaffe: so in der Markirung des Teiches Bethesda, bei Er-
wähnung des Brunnens Jakobs. Die Fahrt auf dem See C. 6, 16
bis 21 sei scheinbar genau, aber unklar und den Localverhältnissen
'nicht angemessen geschildert; und allerdings verlegt das 4. Ev.
die bezügliche Speisung an das süd östliche Ufer, lässt darum auch
·.* nach Kapernaum die Jünger, nicht gen Bethsaida übersetzen; aber
LXIV.Jahrg. 1. Heft. 4
 
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