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Nr. 22.

HEIDELBERGER

1871.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Glason: Tacitus und Sueton.

(Schluss.)

Wüsste man nicht, dass in derartigen Dingen heutigentags
Alles erlaubt scheint, so unwahr und unbegründet es auch näher
betrachtet erscheint, was den Reiz der Neuheit für sich hat und
mit herkömmlichen Ansichten in Widerspruch sich setzt, so würde
man nicht glauben, dass es möglich sei, den Tacitus zu einem
blossen Compilator oder nachlässigen Abschreiber der Werke ande-
rer Schriftsteller zu machen, freilich solcher, die wir nicht mehr
besitzen und kaum etwas näher, als dem Namen nach kennen:
denn wären diese noch vorhanden , so würden solche in den Tag
hinein aber nicht absichtslos ausgesprochene Behauptungen bald in
ein Nichts zerrinnen, ja sie könnten gar nicht gewagt werden.
Auch gegen einige andere Vorwürfe, wie sie in Bezug auf einzelne
Stellen, in welchen Ungenauigkeit oder rhetorische Färbung auf
Kosten der Wahrheit wahrgenommen werden will, gemacht worden
sind, hat der Verf. S. 96 ff. den Tacitus in ebenso befriedigender
Weise gerechtfertigt. Was nun noch das Verhältniss des Tacitus
zu Suetonius betrifft (S. 99 ff.), so zeigt sich allerdings in den Be-
richten beider vielfach eine solche Uebereinstimmung, dass man
daraus selbst die Annahme einer Benutzung des Tacitus durch
Sueton hat erweisen wollen, eine Annahme, die jedoch, auch ab-
gesehen von der ganz verschiedenartigen Tendenz beider Schrift-
steller, schon dadurch unannehmbar wird, dass bei Suetonius so
Vieles vorkommt, wovon bei Tacitus sich keine Spur findet, und
überhaupt die Ungleichheit in einzelnen Berichten und Angaben
damit völlig in Widerspruch steht. Der Verf. ist daher geneigt,
sich denjenigen Gelehrten anzuscbliessen, welche eine und dieselbe
Quelle der Benützung für beide annehmen, aber er findet diese nicht
in Cluvius, wie theilweise angenommen worden, sondern lieber in
Plinius dem Aelteren.
Der fünfte Abschnitt S. 105 ff. betrifft die Benützung der
Staatsakten durch Tiberius, zur näheren Ausführung der schon
früher S. 76 am Schluss des dritten Abschnittes gemachten Be-
merkung über die öftere Benutzung derselben durch Tacitus in den
sechs ersten Büchern der Annalen, deren Stellen dort sich ange-
führt finden. Die ausführliche Untersuchung, welche auch in die-
sem Abschnitt angestellt wird, hat dem Verf. allerdings die Be-

LXIV.Jahrg. 5. Heft.

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