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Lefmann: August Schleicher.

fühlte sich durch die Sprachvergleichung am meisten mit den klas-
sischen Sprachen verwandt, dagegen liessen sich die Sprachen des
westlichen Orients, das Syrische, Arabische und Aethiopiscbe, am
besten um das Hebräische ordnen, welches namentlich für den-
jenigen den Mittelpunkt bilden musste, der auf eine ausgedehntere
akademische Wirksamkeit Anspruch machte. Schleicher beschloss
sich dem Studium des westlichen Orients zu widmen, es kann uns
daher nicht befremden, wenn wir ihn als Theologen inscribirt fin-
den. Nach einem nur kurzen Aufenthalte in Leipzig setzte er
seine Studien in Tübingen fort, wo damals Ewald für die orienta-
lischen Sprachen wirkte. Auch über diese Periode von Schleichers
Leben erfahren wir nur wenig, können uns aber denken, dass
hauptsächlich die semitischen Sprachen ihn beschäftigt haben wer-
den, wobei natürlich nicht ausgeschlossen bleibt, dass er auch vom
Sanskrit einige Kenntniss zu gewinnen suchte. Dass er sich da-
neben auch mit Philosophie beschäftigte, namentlich mit dem Sy-
stem Hegels, lag im Geiste der damaligen Zeit und der damaligen
Studien. Ob nun die Philosophie es war, welche Schleicher dem
Studium der Theologie entfremdete, wie H. Lefmann andeutet,
wissen wir nicht, das aber wissen wir aus Schleichers eigenem
Munde, dass die semitischen Sprachen seinem vorzugsweise auf die
Sprache gerichteten Sinn nicht genügten und die reichere Gliede-
rung des Sanskrit und seiner Schwestersprachen ibn immer mehr
anzog. Er fand daher, dass seine erste Wahl keine glückliche ge-
wesen sei und vertauschte das Studium der semitischen mit dem
der indogermanischen Sprachen. Damit war zugleich auch der
Uebergang von der Theologie zur Philologie ausgesprochen. Zur
Fortsetzung der Studien wählte Schleicher die Universität Bonn,
wo damals bedeutende philologische Kräfte wirkten und die zu-
gleich als ein Hauptsitz der Sanskritstudien galt. Wir kennen die
Art jener Studien in der damaligen Zeit aus eigener Anschauung
und bewahren ihnen, wie wohl Alle, welche daran theilnabmen,
Zeitlebens ein dankbares Andenken. Bei der heutigen Verbreitung
des Sanskrit erinnert man sich kaum mehr, aus wie kleinen An-
fängen dasselbe in Deutschland emporgewachsen ist. Nur zwei
Gelehrte wirkten anfangs für dasselbe: Franz Bopp in Berlin und
A. W. Schlegel, dem sich bald Lassen zur Seite stellte, in Bonn,
an sie schloss sich dann mit der Zeit eine Anzahl von Schülern
an, welche das begonnene Werk in ihrem Geiste fortzusetzen
suchten. Zwischen diesen beiden Sitzen der Sanskritstudien stellte
sich bald eine Verschiedenheit heraus. Bopp, der Begründer der
vergleichenden Sprachwissenschaft, wusste seine Schüler vornehm-
lich für diese zu begeistern, in Bonn dagegen neigte man sich
mehr zum Studium der indischen Literatur. Hauptsächlich die
schöne Literatur war es, welche man damals pflegte, neben dem
Epos, dem volksthümlichen wie dem Kunstepos, suchte man auch
das Drama und die Lyrik zu bewältigen, von den Wissenschaft-
 
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