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Gregor ovius: Geschichte d. Stadt Rom.

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entscheidend erst durch und nach Theodosius ein Umschwung in
der äusseren Physiognomie der Stadt. Mitten unter den Tempeln,
und Bildsäulen der Vergangenheit erhoben sich Kirchen, als Zeugen
des neuen Geistes, der in die alten Mauern einzog, bestimmt, den
Charakter der Stadt für die Zukunft umzuwandeln.
Nach diesem den Uebergang in der Darstellung bezeichnenden
Capitel betritt der Leser den Boden der Geschichte, welche von
da ab den Inhalt der Bände beherrscht.
Die Capitel des ersten Buches behandeln die Zeit von Honorius
bis zum Ausgehen des westlichen römischen Imperiums. Ein Ge-
schichtschreiber der römischen Kaiserzeit, auch wenn er sich vor-
gesetzt hätte, die Geschichte der Stadt Rom in den letzten Zeiten
der Kaiser zu schreiben, würde den Stoff, den ihm diese gaben,
jedenfalls der Aufmerksamkeit auf die Regierungschronik unterge-
ordnet haben. Nicht so Gregorovius! Bei ihm drängen die Er-
eignisse jene Persönlichkeiten in das denselben freilich gebührende
Dunkel der Darstellung zurück. Denn was sind auch jene Kaiser,
die der Stütze einer Vormünderin bedürfen (Valentinian III.) oder
gar ihre Erhebung einem kühnen Barbaren (Ricimer) zu verdanken
hatten, verglichen mit ihren titanenhaften Gestalten ihrer nächsten
und ihrer früheren Vorgänger! Mit Recht lässt der Verfasser da-
neben die Gestalt eines Leo I. (440—461) auftreten, um gleich
im Beginn anzudeuten, dass eine neue Reihe von Männern der Ge-
schichte dei' Stadt Rom ihre Bahn zu weisen sich anschickt. Was
aber eigent.hümlich an der Darstellung des Verfassers hervortritt,
das ist der Umstand, dass er die Träger der Ereignisse, deren
Schauplatz die Stadt Rom ist, sich von dem Hintergrund der Ge-
schichte abheben lässt. Von dieser auf das Plastische gerichteten
Absicht oder Neigung geleitet erzählt der Verfasser die Kriegs-
züge des Gothen Alarich, der zuerst im J. 408 Rom belagert, dann,
nachdem Honorius den zwischen ihm und den Römern geschlossenen
Frieden verworfen, zum zweiten Mal vor Rom erscheint (409), und
endlich zum dritten Mal, und bei dieser Gelegenheit die Stadt ein-
nimmt (24. Aug. 410).
Mit der eindrucksvollen Wirkung konnte das Auftreten des
Hunnenkönigs Attila (450) nicht geschildert werden. Denn Rom
blieb vor seiner Grausamkeit durch eine zeitig an ihn abgeschickte
Gesandtschaft, aus zwei Senatoren und dem Bischöfe Leo bestehend,
bewahrt. Zu gleichen Wirkungen einer geschichtlichen Darstellung
gehören ihrer Tragweite nach gleichartige Ursachen. Obwohl nun
Attila sich vor der Ausführung seiner Rom verderblichen Absicht
zurückzog, so lässt doch die Erzählung, wie sie der Verfasser gibt,
die Ahnung des Entsetzens zurück, welches die Wahrscheinlichkeit
eines gänzlichen Ruins dem Leser ausmalt (S. 195).
Dafür tritt aber in der Schilderung des Elends, welches die
Plünderung durch die Vandalen über Rom brachte (455), wieder
wie es sich anlässlich Alarichs gezeigt hatte, die Kunst des Ver-
 
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