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Sengler: Erkenntnieslehre.

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auch in eigner Person erfuhr, hat daher in seiner sehr interessan-
ten und gediegenen Schrift: Grundzüge der Einleitung in
die Philosophie, Giessen 1860*), mit Recht nicht nur von
einer stillen, sondern auch von einer verborgenen Periode
der Philosophie geredet. Der’ edle Verstorbene hat in der genann-
ten Schrift allen namhaften stillen Verehrern der Philosophie
auf und äusser dem Katheder ein schönes Denkmal gesetzt, be-
sonders aber dem Dreigestirn K. Ph. Fischer, Fortlage und
Sengler, weil sie bei aller sonstigen Verschiedenheit manches
Aehnliche haben. Alle drei sind keine abstracten Denker, sondern
ursprünglich mit positiven Studien vertraut: der erstere mit Natur-
Wissenschaft, der zweite mit der Kunst, der dritte mit der
Theologie. Alle drei schwören nicht in verba ullius magistri,
sondern gingen bei Darstellung ihrer Weltanschauung nach dem
Beispiele des Plato und Aristoteles von der Kritik früherer phil.
Lehrgebäude aus: der erstere von der Hegel’s, der zweite von
der Her bart’s, der dritte von der Baader’s, wobei Fischer
auf Leibniz, Fortlage auf Fichte, Sengler auf Schelling
gern eingehen. In Bezug auf ihre Confession bemerkt der ver-
ewigte L. Schmid: »Fischer und Fortlage sind evangelischer,
Sengler katholischer Confession. Jeder ist der seinigen von Herzen
zugethan unter offenster und freudigster Anerkennung der Berech-
tigung der andren bei aller kritischen Schärfe gegen die Schwächen
und Ausschreitungen vor allem dei- eigenen und dann auch ihrer
Schwesterconfession. Fischer gehört der frömmsten, Fortlage
der freisinnigsten protest. Richtung an. Sie sämmtlich be-
weisen durch ihren ganzen Lebensgang, dass sie die vollständigste
Freiheit in der Erforschung und Geltendmachung der Wahrheit
als die ihnen unentbehrlichste Atmosphäre betrachten, aber auch
wissen, dass, was allein frei macht, die Wahrheit ist«, mit welchen
Worten der Selige sich selbst auch als vierten im Bunde ge-
schildert hat. —
Während Sengler früher vorzugsweise das metaphysische Ge-
biet der Philosophie pflegte, theils in dei’ Schrift: »Ueber das
Wesen und die Bedeutung der speculativen Philoso-
phie und Theologie« 1834, theils durch seine »Idee der
Gottheit«, 1847 und 1852, so hat er in dem oben angezeigten
Werke auch den erkenntnisstheoretischen Theil bereichert, den Fi-
scher besonders pflegte. — Obwohl der Unterzeichnete zur philos.
Zunft sich nicht zählen darf: so erlaubt er sich doch eine Anzeige
dieser gehaltreichen phil. Schrift in diesen Blättern behufs ihrer
weiteren Verbreitung, erstlich weil der Herr Verf. sich in seiner
Erkenntnisstheorie vielfach an Plato anlehnt, mit welchem Ref. sich
mehrfach beschäftigt hat, zweitens weil derselbe sich auch vor
längeren Jahren mit demselben Thema, wenn auch zunächst nur

*) Von dem Unterz, recensirt in den Heidelb. Jahrb. 1862, No. 42.
 
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