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Hilgert, Markus [Hrsg.]; Wink, Michael [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Universität Heidelberg: Menschen, Lebenswege, Forschung — Heidelberg, 55.2011(2013)

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Schmidt, Manfred
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https://doi.org/10.11588/diglit.29291#0167
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Molekulare und
Gentherapie

Unsere Arbeitsgruppe kam 2005
nach Heidelberg, um im gerade neu
gegriindeten Nationalen Centrum
fur Tumorerkrankungen (NCT) die
Abteilung Translationale Onkologie
zu verstarken. Translation heifit
Ubertragung, und fur das NCT,
das Patientenversorgung, Krebsfor-
schung und Krebspravention unter
einem Dach vereinigt, bedeutet das,
schnellstmoglich neue Erkenntnisse
aus der Forschung in innovative
Verfahren der Diagnostik, Therapie
und Prevention von Krebs umzu-
setzen und in klinischen Studien
anzubieten.

Im Mittelpunkt unserer Forschung
steht die Effizienz und Sicherheit
von Vektorsystemen fur den Gen-
transfer und deren Anwendung in
der klinischen Gentherapie. Fur fast
alle weltweit erfolgreichen Gen-
therapie-Studien zur Heilung
erblicher Immundefizienzen unter-
suchte die Gruppe die klonale
Zusammensetzung des blutbildenden
Systems nach Transplantationen.
Als Grundlage dafiir dient die
LAM-PCR Technologie, eine hoch-
empfindliche Variation der her-
kommlichen PCR-Methode, die wir

in Freiburg entwickelten und paten-
tierten. Mit dieser Methode ist es
moglich, die Integrationsstellen der
viralen Vektoren im Wirtsgenom in
kleinsten Mengen klinischer Proben
zu finden. Es hat sich gezeigt, dass
diese Untersuchungen wichtig sind,
um Aussagen iiber das mogliche
Gefahrdungspotenzial dieser Vektor-
integrate, die sogenannte Genotoxi-
zitat, treffen zu konnen - ein un-
erwiinschter Nebeneffekt der Gen-
therapie.

Wir konnten zeigen, dass die fur die
Gentherapie verwendeten gamma-
retroviralen Vektoren bevorzugt
in die Regionen des Genoms der
Zielzelle integrieren, die deren
Proliferation und das Uberleben der
Stammzelle beeinflussen. So hat
sich die hochsensitive Insertions-
analyse als effizientes Werkzeug
fur das Screening von Genen, die
das Wachstum von Zellen mit onko-
genem Potenzial im Menschen
beeinflussen, erwiesen. Unsere
Gruppe war unter anderem auch
an der weltweit ersten lentiviralen
Gentherapiestudie am Menschen
beteiligt, die zeigte, dass die Uber-
tragung genkorrigierter hamato-
poetischer Stammzellen bei Patien-
ten mit X-gekoppelter Adrenoleu-
kodystrophie, einer lebensbedroh-

lichen Erkrankung des ZNS, ein
Aufhalten der Krankheit bewirkt.
Diese Studien ermoglichten aufier-
dem einen genauen Einblick in die
Stammzellbiologie, die Physiologie
der Regeneration der Blutbildung
und die Entwicklung von Maligni-
taten. Ferner dient die Integrations-
stellen-Analyse in Kombination mit
Hochdurchsatz-Sequenzierverfahren
der nachsten Generation und einem
bioinformatischen Datenmanage-
ment als Plattform fur iiber 40 natio-
nal und internationale Gemein-
schaftsprojekte, die den molekularen
Mechanismus gen- und molekular-
therapeutischer Studien erforschen.
Unsere weiteren Forschungsaktivi-
taten werden wir hinsichtlich der
verbesserten Biosicherheit fur den
viralen Gentransfer durch Entwick-
lung entsprechender Assays ver-
starken. Das Ziel ist ein prospek-
tives Monitoring von Insertions-
ereignissen in Echtzeit. Ein anderer
Schwerpunkt wird auf der Auswei-
tung der mathematischen und bio-
informatischen Werkzeuge zur Ver-
besserung der Datenauswertung
und der Etablierung einer klinischen
Integrationsstellendatenbank liegen.
Als Partner der Helmholtz-Allianz
fur Immuntherapie ist unsere
Arbeitsgruppe an einem komplexen

Projekt beteiligt, welches auf die
Entwicklung Tumor-reaktiver Zellen
durch den Transfer tumorspezifi-
scher T-Zell-Rezeptor-Gene (TCR-
Gene) zielt. Um die potenziellen
Risiken in Verbindung mit der TCR-
Gentherapie beurteilen zu konnen,
wurde das klonale Repertoire von
T-Zell-Rezeptoren in praklinischen
Modellen untersucht.

Mit unseren Aktivitaten im Rahmen
des Precision Oncology Programms
des NCT (NCT POP), des Heidelberger
Zentrums fiir Personalisierte Onko-
logie (HIPO) und der gewonnenen
Expertise aus dem International
Cancer Genome Consortiums (ICGC)
verbinden wir an unserem Standort
bereits molekulare Hochdurchsatz-
analytik mit Erkenntnisgewinnen
fiir die individualisierte Behand-
lung von Patienten und tragen so
dazu bei, der Personalisierten Medi-
zin den Weg in die Klinik zu ebnen.
 
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