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MÉLANGES HULIN DE LOO
und zierlicher in der Empfindung und daher einer anderen
Hand zuzuweisen. Lionel Cnst (4), der die drei Bildchen
in München, Paris nnd London zusammengestellt und das
Londoner Exemplar pnbliziert halte, wies darauf hin, dass
ein weiteres Tüchlein in der Carrandsammlung im Bar-
gello zn Florenz ein ahnliche Umrahmnng trage. Darge-
stellt ist hier die Madonna zwischen den Heiligen Barbara
und Katharina. Das Florentiner Bild ist aber nicht von
derselben Hand wie die Tiichlein in Wien, München, Paris,
London, es ist reifer im Stil nnd g'ehort der Grappe der
Antwerpener Mater ans der Zeit um 1520 an. Den Tüchlein
verwandt ist ferner eine grossere ziemlich zerstorte Was-
serfarbenmalerei in der Brera zn Mailand, die den hl.
Lucas zeigt, wie er die Madonna malt. Anch dieses Schop-
fnng ist reifer im Stil, zeigt gleichfalls namentlich in den
Engeln bereits eine Yerwandschaft mit der Knnst des
Jan de Beer, der ja anch das grosse Leinwandbild der
lYiener Akademie mit der tiburtinischen Sybille sehr
nahe steht.
Ist in den kleinen Madonnentiichlein noch nichts vom
Stile der sogenannten Antwerpener Manieristen enthalten,
so ist die Frage ihrer zeitlichen nnd lokalen Einordnung
noch offen. Der Stil der Umrahmnngen ist noch dnrchwegs
gotiseh, ohne jegliche Andentnng eines italienischen
Renaissancemotivs. Die Anffassung der Madonna und des
Kindes ist aber in beiden Kompositionen von einer Unmit-
telbarkeit, die nichts mehr mit der Tradition des XV.
Jahrhunderts gemein hat. Wir werclen also nicht fehl gehen,
wenn wir die Entstehung des Werkes zu Beginn des
XYT. Jahrhunderts mntmassen.
Lionel Cnst teilt uns mit, dass Max Friedlander ver-
mutet habe, die drei in der Komposit'ion iibe|reinstim-
menden Tüchlein waren nacli einem wunderstatigen Bilde
der Madonna in Deutschland gebildet,von dem viele Kopien
für Bilder gemacht worden seien. Diese Hypothèse lasst
sich durch die Tatsache stützen, dass mir anch ein Tafel-
MÉLANGES HULIN DE LOO
und zierlicher in der Empfindung und daher einer anderen
Hand zuzuweisen. Lionel Cnst (4), der die drei Bildchen
in München, Paris nnd London zusammengestellt und das
Londoner Exemplar pnbliziert halte, wies darauf hin, dass
ein weiteres Tüchlein in der Carrandsammlung im Bar-
gello zn Florenz ein ahnliche Umrahmnng trage. Darge-
stellt ist hier die Madonna zwischen den Heiligen Barbara
und Katharina. Das Florentiner Bild ist aber nicht von
derselben Hand wie die Tiichlein in Wien, München, Paris,
London, es ist reifer im Stil nnd g'ehort der Grappe der
Antwerpener Mater ans der Zeit um 1520 an. Den Tüchlein
verwandt ist ferner eine grossere ziemlich zerstorte Was-
serfarbenmalerei in der Brera zn Mailand, die den hl.
Lucas zeigt, wie er die Madonna malt. Anch dieses Schop-
fnng ist reifer im Stil, zeigt gleichfalls namentlich in den
Engeln bereits eine Yerwandschaft mit der Knnst des
Jan de Beer, der ja anch das grosse Leinwandbild der
lYiener Akademie mit der tiburtinischen Sybille sehr
nahe steht.
Ist in den kleinen Madonnentiichlein noch nichts vom
Stile der sogenannten Antwerpener Manieristen enthalten,
so ist die Frage ihrer zeitlichen nnd lokalen Einordnung
noch offen. Der Stil der Umrahmnngen ist noch dnrchwegs
gotiseh, ohne jegliche Andentnng eines italienischen
Renaissancemotivs. Die Anffassung der Madonna und des
Kindes ist aber in beiden Kompositionen von einer Unmit-
telbarkeit, die nichts mehr mit der Tradition des XV.
Jahrhunderts gemein hat. Wir werclen also nicht fehl gehen,
wenn wir die Entstehung des Werkes zu Beginn des
XYT. Jahrhunderts mntmassen.
Lionel Cnst teilt uns mit, dass Max Friedlander ver-
mutet habe, die drei in der Komposit'ion iibe|reinstim-
menden Tüchlein waren nacli einem wunderstatigen Bilde
der Madonna in Deutschland gebildet,von dem viele Kopien
für Bilder gemacht worden seien. Diese Hypothèse lasst
sich durch die Tatsache stützen, dass mir anch ein Tafel-