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^tzK> ^UMgart, HeistLrg unil Hieu.

Jer Wampyr.
Bulgarische Erzählung
von
Hans Wachenhusrn.
(Nachdruck verboten.)
1. Im Balkanpaß.
Es ist lange her, und doch nicht so lange, daß mir in-
zwischen ein Zug, eine Linie, ein Licht oder ein Schatten von

dem, was ich schildere, im Gedächtniß erblaßt oder verschwun-
den wäre. Es ist eine Erinnerung aus der Jugendzeit, wo
das Herz noch voll üppiger, überschwenglicher Träume, der Kopf
voll kühner Pläne, wo die Hand mit grüner Unerschrockenheit
in die düstere, nächste Zukunft hinausgriff.
Der Schauplatz, von dem ich erzähle, ist heute noch derselbe.
Der Balkan streckt noch heute sein schneebedecktes Haupt, der
Sonne trotzend, über Bulgarien und Rumelien, seinen Brüdern
drüben jenseits des Marmarameeres und des goldenen Hornes
winkend. Adler und Geier kreisen über den wild gezackten und
geklüfteten Felsen und Schlünden des Hämus, die schnellfüßigen

bulgarischen Rosse tänzeln noch heut in langen Reihen über
die schmalen Pässe des Balkan, an steiler Granit- oder Kreide-
wand, an unergründbaren Tiefen entlang; Bär und Wolf
Hausen noch heut ungestört in dem Dickicht der Bergkuppen,
in den blauen Schluchten, und nur das „Haide!" des türkischen
Postillons, das melancholische Flötenspiel einer rastenden Zigeu-
nerbande oder das Gebell eines wilden Hundes unterbricht die
Stille wohl, die kein Schuß des Jägers zu stören wagt.
Es ist Alles wie es war, und Todesstille mag augenblick-
lich wieder über den phantastisch gestalteten Abhängen des Ge-
birgszuges Balkan herrschen, die Stille des Todes, namentlich


Die zwei Postillone. Von I. P. Hebel. Originalzeichnung von Erdmann Wagner. (S. 6.)

Jllustr. W-lt. XXVI. i.

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