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54

„Spion!" bebten seine Lippen. Sein Auge glotzte groß
und starr auf den Zigeuner; die ganze riesige Serbengestalt
schlotterte.
Es ist iin Orient selbst in Friedenszeiten eine allbeliebte
Gewohnheit, Jeden, der im Wege steht, als Spion zu ver-
dächtigen, selbst wenn durchaus nichts zu spionireu ist, uud
gälte es nur, ihn mit der Eigenschaft öffentlich in Mißkredit
zu setzen; in aufgeregten Zeiten aber ist der Verdacht der
Spionage, einmal angeregt, wie ein Brandmal unverwischbar.
Es hängt das mit der Willkürherrschaft zusammen. Die Spio-
nage ist ein Titel, unter welchem jede Gewaltthat gerechtfertigt
ist. Wer seinen Gegner nur mit einigem Schein von Glaub-
würdigkeit in den Geruch zu bringen vermag, der wird bei
der Behörde und der Beschränktheit des Volkes immer seinen
Zweck erreichen.
Jowan war seit Beginn des Krieges, wie alle übrigen Be-
wohner Tirnowas, mehrfach Zeuge der empörenden Gewaltakte
gewesen, welche der Verdacht der Spionage über mehr oder
minder unschuldige Individuen gebracht. Man hatte sie aus
ihren Wohnungen gerissen, sie mit Ketten belastet, in die scheuß-
lichsten Kerker geschleppt und Niemand hatte gehört, daß irgend
ein Richter sich um ihre Schuld oder Unschuld bekümmert.
Der Pascha schuldete ihm Geld. Er hatte nie die Rück-
zahlung begehrt; aber der Pascha, verschwenderisch wie alle
Türken, wenn sie einen hohen Posten bekleiden, brauchte wieder-
um Geld, er hatte also auf eine dankbarere Manier gesonnen,
sich in Besitz von größeren Summen zu setzen.
Er konfiszirte Jowan's baares Vermögen- verkaufte seine
Liegenschaften und Niemand forderte Rechenschaft von ihm über
den Verbleib des Geldes!
Der Mudir mochte einen der von seinen Agenten an ihn
gesandten Briefe aufgefangen haben und der sollte ihm Jo-
wan's Kasse öffnen. Er hatte offenbar seinen Schurkenstreich
damit eingeleitet, daß er sich des Kindes als Geisel für die
Person des Vaters bemächtigte. Niemand konnte ihn des
Mädchenraubes beschuldigen, wenn es in der Hauptsache auf
Jowan abgesehen war. Er hatte auf diese Weise den Vater
in seiner Gewalt mit der Anklage auf ein Kapitalverbrechen,
und handelte es sich um eine Erpressung, der Mudessarif konnte
unter jenem Vorwand ihn ausplündern, ohne irgendwie zur
Verantwortung gezogen zu werden.
Vor Jowan's Auge stand das Alles sonnenhell. Dank der
Aufopferung des treuen Dieners war sein Kind noch gerettet,
aber wer sicherte es, wenn, was Marko in der Stadt gehört,
sich morgen bestätigte! Wer sicherte ihn selbst vor der blutig-
sten Mißhandlung! Des griechischen Bischofs, des einzigen
Rajahs, der noch zuweilen seine Stimme zum Schutze der Be-
drückten erheben konnte — des Bischofs Ansehen stieg zwar
jetzt, wo die christlichen Armeen in's Land kamen, aber auch
seine Stimme war machtlos, wenn es sich um Beschuldigung
eines Verbrechens handelte, das mit dem Tode geahndet wurde!
„Gospodin!" hörte er des Zigeuners Stimme, „des Mudirs
Arm ist lang, was nützte Euch die Flucht! Ihr müßt ruhig
erwarten, was morgen geschieht; aber auch die Nacht ist lang
und Ihr wißt, wohin wir schaffen können, was Geld und
Geldeswerth ! Faßt Euch und legt Hand an; ich will Euch
helfen! Eurer Person, Gospodin, wird der Mudir nichts an-
haben können, wenn Ihr beweist, daß Ihr nur Euer Geld
drüben zu retten gesucht, daß Ihr nichts mit den Moskows ge-
mein habt. Vor Tagesanbruch eile ich zum Popen, um ihm
die Nachricht zu bringen, er soll des Bischofs Hülfe aufbieten."
Jowan regte sich wieder. Er ließ die Leuchte auf den
Boden sinken und legte beide Hände über die Augen.
„Was nützt es, mein Haus, mein Kind in Gottes Hand
befehlen, wenn dieser Schurke seine Allmacht verhöhnt!" rief
er verzweifelt. „Du, Marko, konntest mein Kind retten, indem
Du das Deine opfertest, mich aber rettet Niemand, wenn er
es auf mein Leben, meine Habe abgesehen!"
„O Gospodin, seid nicht muthlos!" Marko legte ihm
schüchtern die Hand auf den Arm. „Es sind ja andere Zeiten;
es kommen der Franken so viele hier jetzt in die Stadt, daß der
Mudessarif es nicht wagen wird, einen Christen so zu verfolgen.
Der Bischof, verlaßt Euch draus, wird seine Stimme erheben,
wenn man Euch ein Haar zu krümmen versucht! ... Aber
seid nicht müßig, Gospodin," setzte er drängend hinzu. „Schafft
in die tiefsten Verstecke, was Ihr an Geld in den Truhen habt;
legt Eure Papiere alle zusammen, damit Jedermann darin Ein-
sehen nehmen kann, die Briefe, die Ihr vom andern Ufer er-
hieltet, und wartet getrost, was man gegen Euch thun will."
„Aber Dein Kind, Marko! . .."
Jowan schaute ihn trostlos an. Aller Muth schien noch
immer aus diesem Nicsenleibe gewichen.
„Mein Kind! . .. O Herr, was ist ein armes Zigeuner-
kind! Und was wäre das meinige ohne alle die Wohlthaten
von Eurer Hand, ein Bettelkind, das der Unbill des Wetters,
der Menschen preisgegeben, wie jene Armen, die dort hinten
im Thal wieder mit ihren Zelten erschienen, ein nacktes, arm-
seliges Geschöpf, das schutzlos, vogelfrei von Stätte zu Stätte
zieht und seine Nahrung sucht wie das Wild in den Schluchten
der Berge! ... Ach, denkt nicht an Las Kind, Gospodin! Ihr
habt's erzogen zu etwas Besserem, als es sein und werden
sollte, zu Besserem, als seine Mutter ist, die damals mit den
Ihren wieder davongezogen, die ihm nicht that, was der Scha-
kal, die Hyäne nicht ihren Jungen versagt; zu Besserem, als
sein Vater ist, der doch nur Eurer Gnade sein armselig Dasein
verdankt! ... O, denkt nicht an das Kind, Gospodin, und
sorgt für das Eure, sorgt für Euch selbst, ehe es zu spät wird!"
Marko's Worte rüttelten den Muthlosen auf. Er hob die
Leuchte vom Boden und starrte sinnend, überlegend vor
sich hin.

Illustrirte Melt.

„Marko," sagte er, „Eins vor Allem, ehe wir beginnen!
Du wirst Marinka schützen, wenn mir etwas geschehen sollte!
Man hält sie für Dein Kind und sie soll Selwa's Kleider
nicht wieder ablegen; im Gegentheil, Du wirst für andere
sorgen, die Du aus den Zelten drüben holen kannst. Es ist
gut, daß Deine Leuts wieder im Thal erschienen sind. Du
wirst Marinka in Lumpen kleiden und unter jenen Zelten ver-
stecken; Du wirst Deinen Leuten Geld geben, daß sie mit Ma-
rinka und Dir aus dieser Gegend fortziehen ... Nicht wahr,
Marko, Du wirst?"
„Alles, Gospodin! Ich sorge noch diese Nacht dafür, daß
der heimliche Ausgang aus den unterirdischen Semliks, in denen
wir unfern Mais bewahren, leicht geöffnet werden, daß ich
mit dem Mädchen dort hindurch kann, wenn die Gefahr kom-
men sollte! Aber jetzt seid gefaßt und geht an's Werk."
Jowan wandte sich in den weiten Gang zurück, um Marko
voran zu schreiten. Der Schein der Leuchte fiel auf ein von
rabenschwarzem Haar umrahmtes, gelblich bleiches Gesicht, das
wenige Schritte von ihm stand. Marinka war leise herange-
treten; schweigend, mit gefalteten Händen hatte sie Marko's
Erzählung mit angehört.
„Ich gehe nicht von Dir, Vater!" rief sie mit Entschlossen-
heit, auf ihn zutretend. „Wir fliehen Beide diese Nacht. Es
ist Schutz genug in den Bergschluchten, wo uns Niemand finden
wird. Die Franken sind, wie Du mir sagtest, nicht fern von
hier; ihre Soldaten liegen in Pravadi, nur wenige Stunden
von hier; dort wird man uns Schutz gewähren."
Betroffen schaute Jowan auf sein Kind, das er, ehe Marko
zurückkehrte, in die nach dem Hofe zu gelegenen Gemächer zu
der alten Dienerin seines Hauses geschickt, um es nicht durch
seine eigene Unruhe noch mehr besorgt zu machen. Und jetzt
stand Marinka, als habe sie vollauf die Rolle begriffen, welche
ihm die Situation auferlegte, wie ein Kind der „Tschaters",
der Zelte, da, in ein grobes graues Hemd gekleidet, das lose
ihre jugendliche Brust umhüllte, über der Hüfte durch einen
Strick gehalten, kaum über die Kniee herab auf die nackten
Glieder hängend; das rabenschwarze Haar fiel in absichtlicher
Unordnung auf ihre Schulter. Ihr Gesicht war mit Hennah
dunkler gefärbt, ihre Augen waren dunkel umrahmt, wie die
der Töchter der Tschingane, ihre Füße steckten in elenden San-
dalen.
Trübe lächelnd, verschämt trotz ihrer Angst, begegnete sie
dem erstaunten Blicke des Vaters; der ihrige glitt halb scham-
voll, halb zufrieden an dem groben Hemd hinab. Dann, als
wolle sie Jowan Zuversicht eingeben, lächelte sie ihn wieder an.
„Aus den Tschaters drüben hab' ich's eben geholt, Vater,"
sagte sie, das lose Hemd mit beiden Händen über der halb
nackten Brust zusammenlegend, deren Farbe in Hellem Kontrast
mit dem künstlichen Braun ihrer Gesichtshaut stand. „Selwa's
Mutter, die auch wieder da ist, verschaffte es mir von einer
der Dirnen um wenige Piaster. Meinst Du, man werde Jo-
wan's Tochter in dem Kostüm suchen, und bist Du noch bange
um mich, Vater? ... Wenn man uns Ueblcs thun will, laß
uns heimlich nach Varna gehen und von da zu Schiff nach Wien,
Du hattest es mir ja längst versprochen. Dort werden wir
sicher sein, Vater; mir graut, hier länger zu sein, wo wir schutz-
los und rechtlos sind. Du quälst Dich Tag und Nacht unter
Angst und Zagen, und hast Du etwa Freude an dem, was
Du zusammenscharrst, ja kannst Du sagen, es gehöre Dir, hier,
wo Du nicht einmal Dein Kind Dein eigen zu nennen das
Recht hast? Du zitterst vor der Willkür roher, gewaltthätiger
Beamten, die Dir Deinen Wohlstand neiden, Du hast nicht
einmal das Recht, mit lauter Stimme Deinen Gott um Schutz
und Segen anzurufen, und Du klebst an dieser elenden Scholle,
die keines Christen Freund? . . . Laß uns fort von hier,
Vater!" Sie schmiegte sich an ihn, ihre Stimme bat so
flehend. „Eine Ahnung sagt mir Schlimmes, und der Gedanke
quält mich, daß die arme Selwa . .."
Marko winkte ihr ehrerbietig, zu schweigen. In demselben
Moment drang ein gellendes Geschrille, wie die Stimme des
Sperbers, von draußen durch die offene Thür des Tschardack
herein.
Jowan fuhr erschreckt zusammen. Der persönliche Muth ist
ja dem Bnlgarenvolk, einem der schönsten, kräftigsten Stämme
der Erde, in jahrhundertelanger Knechtschaft verloren gegangen.
Stets zitternd vor der Habsucht der Gouverneure, stets getreten
von der Verachtung des Islam, erlahmend in schweißtriefendem
Frohndienst, ist auch der letzte Nerv diesem unglücklichen Volk
ertödtet, und Diejenigen unter ihm, die trotz ihrer Rechtlosigkeit
zu Wohlhabenheit und Reichthum gelangt, sind es stets, die am
meisten zittern.
Marinka hatte sich erschreckt an den Vater geschmiegt, ihr
Herz pochte fast fliegend an des Alten Brust. Nur Marko
hatte den gekrümmten Rücken aufgerichtet; wie ein gescheuchtes
altes Wild, das der Kraft seiner Glieder nicht mehr vertraut,
horchte er auf.
„Es ist ihr Zeichen!" murmelte er bestürzt. „Haltet Euch
bereit zur Flucht, Herr!" setzte er mit heimlichem Deuten auf
das Mädchen hinzu. „Die Zigeuner drüben in den Tschaters
versprachen Acht zu haben, wenn sie zur Nacht Bedenkliches in
der Nähe des Hauses sähen. Die Thür ist gut verschlossen;
laßt mich sehen! .. ."
Er nahm die Leuchte und setzte sie in den Winkel, dann
beugte er sich zur Erde, und während Jowan angstvoll sein
Kind mit beiden Armen umschloß, kroch Marko auf allen Vieren
durch den dunklen Quergang zur offenen Galerie und ringelte
sich trotz seinem Alter gewandt wie eine Schlange zu der Gitter-
brüstung.
Wieder dasselbe Zeichen, aber leiser und unmittelbar unter
der Galerie.

Marko hob den Kopf. Halblaut rief er in Zigeunersprache
einige Worte hinab, die in gleich gedämpftem Tone, fast zischend,
erwiedcrt wurden.
Schnell wie eine an der Mauer dahinflatternde Fledermaus
huschte unter dem Tschardack eine graue Gestalt. Auf seinen
Knieen liegend, die Hände auf deu Rand der Brüstung gelegt,
war Marko bemüht, seine Sinne zu schärfen. Er sank wie be-
täubt wieder in sich zusammen.
„Mein Kind gepeitscht und in's Gefängniß geworfen, weil
man die Zigeunerin erkannt!" keuchte er vor sich. „Mein Kind
gemißhandelt und ich habe noch Blut in deu Adern, aber nicht
die Kraft, diese Schande zu rächen! ..."
Selwa's Mutter war's gewesen, die dem Alten auf seine
Bitte den Dienst geleistet, die Frauenwohnung des Konaks zu
umschleichen, von den Sklavinnen desselben, wenn sie Abends
zum Brunnen gingen oder vor den Thürcn hockten, zu er-
horchen, was mit der gefangenen Christin geschehen, und diese
Weiber hatten der Alten triumphirend erzählt, daß man in der-
selben eine Zigeunerin erkannt und sie zur Strafe blutig ge-
peitscht und eingesperrt habe.
Selwa's Mutter hatte dem alten Mann das hinterbracht
ohne eigene Theilnahme oder Empfindung, deren sie ja
selbst in ihren jungen Jahren nicht einmal fähig gewesen.
Selwa war in ihren Augen Marko's Kind, nicht das ihre;
was kümmerte sie, was dem Mädchen geschah! Marko hatte
ihr Tabak, Kukuruz und Brod in die Zelte zu bringen ver-
sprochen und dafür hatte sie den Auftrag übernommen, der ihr
um so leichter war, als die alten Zigeunerweiber im Orient
oft ganz diskrete Zwischenträgerinnen in geheimen Dingen der
Frauenwohuungen sind.
Marko gewann wieder so viel Kraft, sich aufzurichten und
zu Jowan zurückzukehren.
„Es ist keine Gefahr jetzt, Herr!" meldete er mit ge-
senktem Antlitz und bebender Stimme. „Aber sie ist deßhalb
nicht minder vorhanden. Man hat Selwa erkannt, gepeitscht
und in's Gefängniß abgeführt," setzte er, das Gesicht ver-
hüllend, hinzu.
Mariuka that einen Schreckensschrei. Jowan trat auf den
Zigeuner zu und erfaßte theiluehmend seine Hand. Marko
wehrte ihm ab, das Antlitz zur Seite wendend.
„Hütet Euer Kind desto sorgfältiger, Gospodin!" sagte er
mit gepreßter Stimme. „Geht und bereitet Alles, wie ich
Euch sagte! Ich werde dort draußen im Tschardack ^Vache
halten. Der Schlummer würde doch mein Auge fliehen. Seid
gerüstet beim ersten Zeichen, das ich gebe, wenn es noth thut!"
Und Jowan den Rücken wendend, tappte er in der Dunkel-
heit zur Galerie zurück und hockte sich in die Ecke derselben.
Drüben im tiefen Hintergrund des Thales, am Fuß der
schwarzen Granitwände, geschützt durch das Laub der über-
hängenden Bäume und Gesträuche, brannte noch das Feuer
des Zigeunerlagers. Glitzernd spiegelte sich sein Schein in den
von den Felsen herabrieselnden dünnen Armen der droben über
den Felsmassen schäumenden, sich weiterhin in's Thal stürzenden
Jantra, und gespenstisch schauten im Flackerlicht die schmutzigen
grauen Zelte in's Thal herauf.
In sich zusammengesunken saß Marko da, das Auge halb
geschlossen, nur zuweilen bei dem leisesten Geräusch, wenn der
Fuchs an den Mauern entlang durch das Gestrüpp huschte
oder der Iltis aus dem Dickicht drüben lüstern nach Jowan's
Taubenhause schlich, hob er das Auglid uud spähte hinaus.
Er dachte an sein Kind; er brütete finstere Pläne. Trotz
all' der äußern Demuth war ihm in langem, sorglosem Schutz
des reichen Jowan das Pariabewußtsein des Zigeuners ab-
handen gekommen; die Erziehung seines Kindes an der Seite
Marinka's hatte auch in ihm bessere Instinkte geweckt; die
Lebcnsanschauung hatte sich auch in ihm geändert mit dem sorg-
losem Gesichtspunkt, den er in diesem Haus eingenommen.
Ganz entgegen dem geringen Familieninstinkt des Zigeuners,
war ihm sein Kind so lieb, wie seinem Herrn das seinige, und
also doppelt groß sein Opfer gewesen. Er fühlte die Schmerzen
seines unglücklichen Kindes und doch band ihm die Rechtlosig-
keit seines Volkes die Hände dem Gewalthaber, sogar dem Gesetze
gegenüber, das für ihn nicht gegeben war.
7. Kola Petrowic.
In Jowan hatte die Angst vor einem nächtlichen Ueberfall
allmälig einem ruhiger» Bewußtsein Raum gegeben, als end-
lich der Nachthimmel sich leise im Osten zu klären begann.
Er hatte hart gearbeitet die Nacht hindurch. Seine Papiere,
seine Bücher lagen geordnet; es Hütte die feindseligste Absicht
nichts Strafbares selbst in deu Briefen finden können, die ihm
durch geheime Boten vom jenseitigen Ufer auf weitem Umwege
zugegangen waren. Es war freilich eins Korrespondenz mit
Feindesland, aber es hatte sich in derselben immer nur um
Abwicklung der Geschäfte gehandelt, die er im Vertrauen auf
Erhaltung des Friedens unternommen.
Der Mudessarif freilich konnte ihm, wie gesagt, einen Strick
daraus drehen, wenn er ihm an den Hals wollte, und darüber
durfte er kaum im Zweifel sein. Er vertraute indeß auf den
Schutz des Bischofs. Der Pope, zu dem er noch in der Nacht
gesandt, mußte am frühen Morgen kommen.
Inzwischen trug er selbst, von Marinka unterstützt, eins
Anzahl Säckchen mit österreichischen Dukaten und türkischen
Jrmeliks in den Versteck in den Kellerräumen, die schwer von
Nichteingeweihten zu entdecken waren, und erst als Alles das
in Ordnung, schritt er, von dem Mädchen gefolgt, die Leuchte
in der Hand, in die Lagerräume, in welchen er seine Mais-
vorrüthe aufstapelte und von denen ein geheinier Gang in das
etwa zweihundert Schritte hinter seinem Gehöft befindliche Ge-
 
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