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Der Kitt ums Glück.
Sportroman
von
Wilhelm Weyer-Aörster.
Vierzehntes Kapitel. 6
Ja, ein Frühlingsmorgen! Die Straßen Berlins
lagen wie tot, die Pferde vor den Nachtdroschken

schliefen und die Kutscher auch. Höher stieg die Sonne,
aber in dem Häusermeer wurde es womöglich noch
stiller. Ganze weite Straßen ging Konrad entlang,
ohne auch nur einen Menschen zu sehen. Er wollte
einen Wagen nehmen, denn der Weg war nicht kurz,
aber in solchen Dingen war er immer sparsam, fast
kleinlich. Je länger er ging, um so weniger bereute
er es, den Weg zu Fuß zurückzulegen. Nichts war
seltsamer als diese toten Steinmassen, über denen Heller
Sonnenschein lag, und nichts seltsamer als der Ge-
danke, daß Hunderttausende rings umher schliefen. Man

konnte denken, die riesige Stadt sei ausgestorben, und
die unheimliche Aehnlichkeit zwischen Schlaf und Tod
i trat deutlicher als je in die Erscheinung.
Er erinnerte sich an ein Buch Flammarions: „Der
Untergang der Erde". Es wird da phantastisch er-
zählt, wie eines Tages die langsam vereisende Erde
die letzten Lebewesen sterben sieht, und wie dann die
Sonne weiß und kalt auf die zurückgebliebenen
Schöpfungen der Menschen herniederlächelt, auf ihre
Paläste und Türme, Brücken und Städte.
Er ging durch das Brandenburger Thor, auf dem


Jllustr. Welt. ISS8. s.

Herbstvergnügen. Lriginalzeichnung von A. Wagner.

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