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Zu alt!
Erzählung
von
Ernst Kkansen (Klaus Zehren).

sackerment, war das ein Madel! Nein, er hatte es
<M gar nicht für möglich gehalten, daß es überhaupt
heutzutage noch solche junge Damen geben könnte. Sie

spielte Tennis mit höchster Vollendung, konnte einen
steilen Abhang hinaufspringen, ohne Herzklopfen zu be-
kommen, und trug kein Korsett! Letzteres erfuhr er aus
ihres Vaters, des Doktors Rennberg, eignem Munde,
als der Hauptmann z. D. Eduard Firnhoff sich mit ihm
zusammen über die Wespentaille einer Berliner Ge-
heimratstochter mokierte. Väter sind leider indiskret,
besonders wenn es sich um vermeintliche Vorzüge ihrer
Kinder handelt. So wie diese hatte sich Firnhoff bis
jetzt — er war dreiundvierzig Jahre alt — eine Frau

in seiner Phantasie vorgestellt, das heißt nur bis zu
seinem dreißigsten Jahre. Später hatte er es aus-
gegeben, eine zu finden, welche diesen Vorstellungen
entsprach, aufgegeben mit einem pessimistischen Seufzer,
mit diesem wie das Schlußresultat einer mathematischen
Gleichung sich ergebenden Entsagungsseufzer aller heim-
lichen Idealisten.
Eigentlich war ja dieses ganze Geschlecht elend,
bleichsüchtig, willenlos, ein Reservoir aller kleinlichen
Eigenschaften, kurzatmig, mit einem Worte: ungesund.


Jllustr. Welt. I8S8. 20.

Bei den Pflege-Eltern. Nach dem Gemälde von A. Weeze rzick. (Zu dem Artikel „Kuckuck" S. 478.)

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