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Aber

herauswächst, das kannst leicht merken! So einer wie
ich, der gilt für zwei andre." Der Sprecher hatte die
Aermel seiner kurzen, grauen Joppe bis zum Ellbogen
aufgestreift und reckte nun die beiden nackten, sehni-
gen, starkbehaarten Arme quer vor sich hin.
Der Bauer lachte. „Ein Mundstück hast du aber
auch für zwei andre, das merk' ich," meinte er.

Der erste Gang zur Schule.

kommst gerad' an den Richtigen bei mir! Solche
Leute kann ich brauchen. Es schickt sich auch gerad',
daß ein Platzl frei wird in meinem Haus. Mein
Vetter, der Hannes, der seit vielen Jahren der Groß-
knecht da auf dem Buchenhos ist, will alleweil schon
heiraten, aber ich hab' mir noch keinen rechten gefunden
für ihn, und mit dem Zuwarten bis zum Herbst sind
wir alleweil noch nicht recht im gleichen. Du siehst
mich gut an, und wenn du auf seine Stell' kommen
magst, nachher ist es mir lieb, wenn ich
ihn nimmer lang aufhalt' in seiner Hei-
raterei."
Der Bursche streckte dem Bauer seine
braune, sehnige Rechte hin. „Gut ist's,
Bauer, mir ist es recht. Dein Gesicht ist
mir auf den ersten Blick schon nicht zu-
wider gewesen; das giebt bei mir den
Ausschlag. So kommt's nur aus dich an.
Da hast meine Dokumente, schau sie an.
Ich bin von keiner schlechten Herkunft,
aber Unglück haben sie halt gehabt, meine
Leut', und sind um ihre ganze Sach' ge-
kommen. So muß ich halt dienen, wo
ich sonst ein kleiner Bauer sein könnt', der
sich nicht einmal schlecht stünd'. Wie es
halt schon zugeht in der Welt; der eine
hält das Glück beim Schopf vorne und
zieht es hin, wo er mag, wo es ihm
gerad' paßt, der andre erwischt es hinten
beim Schweif, wo es ihm gäh wieder aus
der Hand rutscht."
Ter Bauer lachte von neuem auf.
„Na, das muß ich sagen, tragen thust
nicht schwer daran, an dem Unglück!
Tas ist ein gutes Erbteil, wenn man die
schwere Sach' auf die leichte Achsel nehmen
kann."
Der andre zuckte leichthin mit den
Schultern. „Was hüls' es, wenn ich anders
thät'? Mit einem traurigen Gesicht kommt
man nicht weit. So mach' ich lieber ein
lustiges. Ta haben die Leut' eine Freud',
und ich steh' mich nicht schlechter dabei.
Wie es inwendig ausschaut in mir, das
braucht niemand zu wissen."
Ter Bauer hatte mittlerweile die dar-
gereichten Dokumente durchgesehen. Nun
nickte er mit zufriedenem Gesichtsausdruck.
„Bist mir ganz anständig," sagte er.
„Wirst rechtschaffen belobt. Und die paar
Jahr', die da nicht eingetragen sind, warst
wohl bei deinen Leuten daheim? Ja? Na
ja, ist recht. Also, wenn's dir recht ist,
nachher hast von heut an auf dem Buchen-
hof eine bleibende Stätt'; denn das muß
ich dir im vorhinein sagen, wechseln thu'
ich nicht gern mit den Dienstleuten. Ich
gewöhn' mich nicht alle fünf Minuten an
ein andres Gesicht."
„Bin gerad' auch so eine Natur,"
meinte der Bursche befriedigt, und die
Sache wurde nun mit kräftigem Hand-
schlag festgemacht.
Hinter dem Bauer her schritt nun der
neu angeworbene Knecht ins Haus hinein.

Im Knchelchos.
Eine oberösterreichische Erzählung
von
Aanny Kaktentjauser.
1.
er Regen troff vom Dache des großen Bauern-
Hofes, der einzeln an der schmalen Fahrstraße
stand, welche zwei Dörfer im
Traunviertel miteinander ver-
band. Es regnete seit zwei Tagen fast
ununterbrochen, und sowohl aus der Straße
als auch in dem großen Hofraum hatten
sich kleinere und größere Pfützen gebildet,
in welche die Regentropfen nun klatschend
niederfielen, heftig zitternde Kreise ver-
ursachend. So bewegt oft ein einziges
Wort die Menschenseelc und bringt sie in
zitternde Erregung.
Unter die schmale Hausthüre, die vom
Wohngebäude auf die Straßenseite heraus-
führte, war eine große, stämmige Mannes-
gestalt getreten und schaute unter buschi-
gen, dunklen Brauen hervor über das
Firmament hin, das mit grauen, regen-
schweren Wolken dicht verhangen war.
„Ta hat es noch eine lauge Tauer mit
dem Regenwetter!" brummte der Mann
halblaut. „Und mit dem Heu-Einführen
ist keine Aussicht. Tas wird ein schönes
Futter werden Heuer für die Küh'! So
eine Zeit! Da muß der Bauer auf den
Hund kommen. Tas Getreide kostet nichts
mehr, die Küh' geben keine gescheite Milch,
das Obst verwüsten einem die Maikäfer
oder der Reif — und nachher heißt es:
,so ein Bauer, ja, so ein Bauer, der hat
leicht lachen, der hat ein schönes Leben!'
Wahr ist es nicht, schon gar nicht wahr!"
Immer lauter und ärgerlicher hatte
die Stimme geklungen. Nun ertönte seit-
wärts von dem Bauer ein Helles Lachen
und gleich darauf eine scherzhafte Rede.
„Geh Bauer, so tauschen wir ein wenig
auf ein Jährlein oder zwei?! Werden
sehen, wer mehr zufrieden ist mit dem
Handel, ich oder du!"
Mit einem Ruck hatte sich der Ange-
sprochene herumgewendet und musterte
nun den andern mit scharfem Blick vom
Kopf bis zum Fuß. Aber das hübsche,
bräunliche, heiter schauende Gesicht des
andern, eines etwa dreißigjährigen Bur-
schen, that eine gute Wirkung, denn des
Bauern mißmutige Züge ebneten sich zu
einem freundlichen Aussehen. „Muß ich
erst wissen, wer du bist, ehevor ich einen
Handel eingehe," sagte er gutgelaunt.
„Ein Allerweltsdiener," erwiderte der
andre frisch und munter. „Heißt das: wer
mich am besten bezahlt und sieht mich
nicht zuwider an, bei dem bleib' ich. Und,
Bauer, da schau meine Arm' an! Daß
dem, für den ich arbeit', kein Schaden

Jllustr. Welt. ISS8. LI.

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