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Seine Gemahlin.

Erzählung aus dem vorigen Jahrhundert

von

K. von Krause (K. von Kessen).
(Schluky

n seinem Arbeitszimmer im Stadtschloß wan-
derte der Fürst rastlos auf und ab. Noch
konnte er keinen festen Plan fassen. Es stand
ihm fest, daß Holm und die Prinzessin im
Einverständnis gehandelt hätten, daß er das Opfer
einer abscheulichen Jntrigue, eines nichtswürdigen
Treubruches sei. Er, der Fürst Karl Heinrich, in


dieser Weise behandelt, von seinem Weibe und von
seinem besten Freunde! Holm war sein Jugendgespiele
gewesen, schon als Knabe hatte er den willig sich
Unterwerfenden tyrannisiert. Der Oberkammerherr
ward dann der verschwiegenste Vertraute aller seiner
Jugendstreiche, das willige Werkzeug in seiner Hand.
Ein schwacher Charakter, aber ihm, dem Stärkeren,
ohne Vorbehalt ergeben und angehörig. Und nun
dieser Verrat! —
Alle möglichen und unmöglichen Rachepläne tauchten
in seinem Hirn auf, um wieder unterzugehen. Er
malte sich die Schuld der Prinzessin in den schwär-
zesten Farben; um im geheimen ihr sündhaftes Ver-
hältnis zu Holm ungestört fortsetzen zu können, hatte
sie ihn ferngestellt. Auch das Lied heute: „Willst du

dein Herz mir schenken, so fang es heimlich an!"
natürlich, „die Liebe muß bei beiden allzeit ver-
schwiegen sein, drum schließ die größten Freuden in
deinem Herzen ein." Wem konnte es anders gelten
als dem verliebten Seladpn? Er lachte bitter auf bei
dem Gedanken an sein eignes Empfinden. Aber plötz-
lich stand ihr Bild wieder greifbar lebendig vor ihm, dies
stille Antlitz mit der reinen Stirn und den sanften
braunen Augen, es trug ja so unverkennbar den
Stempel der Wahrhaftigkeit und Reinheit — sollte es
möglich sein, daß das alles Maske war?! Er bedeckte
das Gesicht mit den Händen. „Gott, Gott," stöhnte
er, „gieb mir Klarheit!" Ja, da dämmerte ihm Plötz-
lich etwas vom eignen Schnldbewußtsein auf, wie es
ja der Menschenseele eigenste Natur ist, sobald sie sich


Jllustr Welt. I8S8. 28.

Abendspaziergang einer Konsulin. Nach dem Gemälde von F. M. Bredt.

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