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Im Kucheichof.
Eine oberösterreichische Erzählung
von
Aarmy Kattenhauser. 2
b.
(Ek>i)er Hannesvetter vom Buchenhos — sein Name war eigentlich
Johannes Aigner — hielt heute, am ersten Sonntag nach Jakobi,
(-"<-9 seine Hochzeit. Er hatte seit Jahr und Tag um eine saubere
Witib — die Besitzerin des sogenannten Hinterlehnergutes — gefreit,
jedoch bisher mit der Heirat warten müssen, da der Buchenhofer keinen
Ersatz für den tüchtigen, braven Burschen gesunden, der schon seit seiner
Jugendzeit auf dem Buchenhof weilte, zuerst als Hüterjunge, bis er
allmählich zum Großknecht vorgerückt war. — Nun hatte er es sich eilig
gemacht, seine Herzallerliebste heimzusühren. Sie war auch so voll
Freude gewesen, seine Resi, als er ihr die Botschaft gebracht hatte, es
wäre auf dem Buchenhof ein neuer Knecht eingestanden, der dem Bauer
überaus gut Passe anstatt seiner — und somit wäre die Zeit da, wo
er Ernst machen könne.
Die Franzi mußte die Zubraut machen; so war es lange vorher
schon bestimmt worden. Da stand sie nun in der schönen Stube, und
die Juli, die Großmagd, legte eben den langen Rosmarinzweig um die
breiten, am Hinterkopf aufgesteckten Flechten. Dann nahm sie behutsam
die schwere, funkelnde Goldhaube von der bunt bemalten Truhe aus
und hob sie auf das junge Mädchenhaupt. Die Franzi rückte dieselbe
auf dem Kopfe zurecht, bis sie einen guten Halt gewann.
„Na, bist du aber ein schönes Dirndl, Franzi!" brach da die Magd
in Heller Bewunderung aus. „So ein Gesichterl, ein feines, das paßt
gerad' zu der Goldhauben! Da muß sich eine jede verstecken, wenn du
kommst! Deine glänzenden Augen und die vielen Goldplatterln auf der
Hauben, das funkelt ja, daß eines frei blind werden muß." Und schalk-
haft lächelnd, aber ganz harmlos sprechend, fügte sie hinzu: „Da darf
sich der Lenz schon ein Paar gute Augen mitnehmen, mein' ich."
Wenn die Juli erwartet hatte, daß die Franzi ein bißchen rot werden
und verlegen dreinschauen würde nach diesen Worten, so sah sie sich
getäuscht. Die Franzi bog sich nur ein wenig weiter gegen den kleinen
Handspiegel, der sich aus der Truhe befand, vor und sagte dann ruhig:
„Ah nein, der Lenz, der hat was andres zu thun, als wie mich anzu-
schauen. Hab' noch nichts bemerkt, daß er sich gar so viel um mich
kümmern thät'I"
„Nicht?" fragte die Magd lachend. „Ah geh, thu sich die Franzi
nicht gar so verstellen! Wir wissen es ja doch alle, daß der Lenz nur
für dich Augen hat. Erst gestern in der Nacht hab' ich ihn gesehen, wie
er unter deinem Kammersenster langmächtig gestanden ist und hat alle-
weil hinaufgeschaut. Da kannst nichts reden dagegen, der ist in dich
verschossen wie nicht leicht ein andrer."
Die Franzi schien es der Magd überlassen zu wollen, in ihrem
Glauben zu beharren oder davon abkommen zu wollen, sie sprach nicht
ein einziges Wort, doch aus dem Spiegel schauten ihr mit einemmal
ein Paar Augen entgegen, die plötzlich einen viel helleren goldigen Schein
hatten als wie eine kleine Weile vorher.
Unten in der Stube warteten der Bauer, der Lenz und die Rosl, die
initiiere Dirn, auf die Haustochter. Und als diese in die Stube trat,
eigen lieblich anzusehen in ihrer prächtigen Gewandung, mit dem hell-
blauen schweren Seidenkleid, der vielreihigen silbernen Halskette und der
glitzernden Goldhaube angethan, da legte» der Lenz die Hand über die
Augen und ein tiefer, bedrückter Atemzug entrang sich seiner Brust.
Der Buchenhofer aber schaute mit stolz aufleuchtendem Blick auf
seine Tochter und meinte: „Dirndl, Gott gesegne dich in deiner Sauber-
keit! Wenn sie sich heut nicht fast zerreißen, die Buben, um dich,
nachher haben sie pures Wasser im Leib anstatt Blut, 's wird dir nicht
schaden, mein Reden und meine Freud' mit dir!"
Jllustr. Welt. I8S8. 22.


„Alkes wird nun wieder grün!"
Originalzeichnung von C. Rühling.
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