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464

Zllustrirte Well.

M as gievt es Ueues?-^

Aus hohen Kreisen.
Kaiserin Eugenie ist seit längerer Zeit schon leidend.
Sie hat heftige rheumatische Schmerzen auszustehen, die jetzt so
stark aufgetreten sind, daß die Kaiserin die bisher alljährlich
unternommene Reife nach England zum Besuche der Königin
Viktoria ausgeben mußte. Die letztere, die in Begleitung der
Prinzessin Beatrice sich Ansang März wieder auf acht Wochen
nach Cimisz an der Riviera begiebt, wird der Kaiserin in Men-
tone einen Besuch abstatten, um so ein Wiedersehen mit der
Kaiserin zu ermöglichen.
Grotzherzog Ferdinand von Toscana hat vor kurzem die
Sümpfe bei Orbetello, wo er das Gut Albanese besitzt, auf
seine Kosten austrocknen lassen, wodurch er dem italienischen
Staate ein Auslage von zwei Millionen Lire ersparte. Wie
nun Florentiner Blätter melden, gedenkt der Großherzog noch
andre Arbeiten und Bauten in Albanese ausführen zu lassen,
um so ein paar tausend Menschen Arbeit zu verschaffen.
Länder- und Völkerkunde.
Ritter der gelben Halsbinde. Die Heilung der Trunksucht
wird im kanadischen Staate Manitoba auf sehr originelle Weise
versucht und oft erreicht. Die dortige Polizei hat nämlich die
trübe Erfahrung gemacht, daß Gefängnisstrafen auf wirklich
passionierte Trinker so gut wie keinen Eindruck machen. Kaum
wurden die Leute in Freiheit gesetzt, so war ihr erster Gang in
die Kneipe, wo sie sich dem längere oder kürzere Zeit entbehrten
Genuß einiger stärkenden Schnäpslein wieder mit unverminderter
Leidenschaft Eingaben. Dies ist nun aber ganz anders geworden,
seitdem man die Aergernis erregenden Zechbrüder nicht mehr bei
Wasser und Brot einsperrt, sondern ganz einfach mit einem
breiten, goldglänzenden Messinghalsbande schmückt. Das Halsband
muß so lange getragen werden, wie es die hochlöbliche Gerichts-
barkeit für gut befindet. Einem so gekennzeichneten Manne
darf bei großer Strafe kein Tropfen Alkohol verabfolgt werden.
Der Betreffende hat außerdem für Spott und Hänseleien nicht
zu sorgen, und gewöhnlich ist er nach einigen Tagen schon so
mürbe, daß er jedes Versprechen geben und auch halten würde,
wenn er sich dadurch nur von dem lästigen Halsschmuck befreien
könnte. Zuletzt läßt er sich überhaupt nicht mehr blicken, und
wenn endlich der Zeitpunkt gekommen ist, wo ihm der unbequeme
Messingkragen abgenommen wird, dann ist er in den meisten
Fällen der solideste Mensch geworden. Die Furcht vor der gelben
Halsbinde ist so groß, daß der einmal damit Bestrafte höchst
selten wieder einen Tropfen über den Durst trinkt.
Verkehr. Industrie.
Der „Deutsche Reichs- und Staatsanzeiger" veröffentlicht
folgende Bekanntmachung: Vom 15. März ab werden offene
gedruckte Karten, auf denen die ursprüngliche Bezeichnung „Post-
karte" beseitigt oder durch den Vermerk „Drucksache" ersetzt ist,
allgemein zur Beförderung gegen Drucksachentaxe zugelassen.
lieber Las „kneipende Berlin" gehen der „Morg.-Ztg."
folgende nicht uninteressante Zahlen zu: Schnapsschenken giebt
es 531 (gegen 555 im Jahre 1896); Weinschenken 276 11896:
274); Bierschenken für die besseren Stände 947, für die niederen
Stände 6893, zusammen 7840 (1896: 7557), davon nicht zum
Schnapsschank berechtigt: 1731 (1896: 1591); Ausschank von
Bier, Thee, Schokolade 897 (1896: 827). Am erfreulichsten ist
das Ergebnis, daß, wie ersichtlich, die puren Schnapsläden sich
um 24 gegen das Vorjahr verringert haben.
Erfindungen.
Erleuchtete Polizei. Die polizeilichen Autoritäten von Lon-
don zerbrechen sich schon seit einiger Zeit die Köpfe, was denn
gethan werden könnte, um die durch den dichten Londoner Nebel
arg gefährdete körperliche Sicherheit der Passanten zu schützen.
Dieser Nebel bildet eine gelbliche, undurchsichtige Masse, welche
es unmöglich macht, einen Schritt vor sich hin zu sehen, und
in der die gleichfalls gelblichen Gasflammen fast ganz verschwin-
den. Die Policemen an den Straßenkreuzungen sind in diesem
Nebel selbst großen Gefahren ausgesetzt, da die Lenker der Fuhr-
werke sie nicht sehen können und daher häufig überfahren. Noch
schlimmer ergeht eS jedoch den Passanten, die es kaum wagen
dürfen, in dem Nebel über die Straße zu gehen. Nun ist der
Polizei buchstäblich die Erleuchtung gekommen. Es wurde
beschlossen', die Helme der Policemen an der Spitze mit kleinen
elektrischen Lampen zu versehen, die mit Taschenbatterien in
Verbindung sind. Um aber diese Laternen noch besser sichtbar
zu machen, soll das Glas rot sein, da rotes Licht den Nebel
besser durchdringt als weißes. Mit solchen Lampen versehen,
werden die Londoner Polizeileuie nicht nur selbst gegen Unfälle
durch Ueberfahrenwerden besser geschützt sein, sondern auch für
die Sicherheit der Passanten sorgen können, indem sie sie an
den Straßenübergängen in Obhut nehmen.
Hrilwistenschaft.
Ueber die Bedeutung der Behandlung Lungenkranker in
Heilstätten enthält ein Erlaß, welchen der preußische Minister der
geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten unterm
22. Dezember v. I. an die Oberpräsidenten gerichtet hat, nachstehende
wertvolle Bemerkungen: „Die aus den in neuester Zeit in größerer
Zahl gegründeten Volksheilstätten entlassenen Tuberkulösen wirken
aufklärend über die Verhütung der Tuberkulose in den Kreisen
ihrer Angehörigen. Auch aus diesem Grunde kann die Errichtung
von Volksheilstätten, welche sür ärmere Kranke eine äußerst
segensreiche Einrichtung sind, nur zur Förderung empfohlen
weroen. Immer wieder muß die Bevölkerung darauf hingewiesen
werden, daß die Tuberkulose auf die nächste Umgebung durch
Berührung sehr häufig übertragen wird, daß aber die Ansteckung
durch Innehaltung der angeordneten Maßregeln mindestens sehr
eingeschränkt werden kann. Dieses Ziel," heißt es weiter, „ist
auch durch Einführung der Anzeigepflicht, wenigstens der Todes-
fälle, und Desinsektion der von Schwindsüchtigen bewohnten
Räume und benutzten Gebrauchsgegenstände nach deren Tode
oder nach dem Verlassen einer Wohnung anzustreben. Ins-
besondere sind Wand und Fußboden in der Nähe der Lagerstelle
zu desinfizieren. Durch die Presse, durch Vereine und Lurch

i die Aerzte ist die Bevölkerung bei geeigneter Gelegenheit darauf
aufmerksam zu machen, daß die Thätigkeit reichlich aushustender
Brustkranker als Verkäufer oder Verkäuferinnen von Nahrungs-
und Genußmitteln nicht ohne Gefahr für die Käufer fei."
Verfügungen.
Gegen unlauteren Wettbewerb in der Ausübung der
Heilkunde hat das Berliner Polizeipräsidium eine von der
„Zeitschr. f. Medizinalb." mitgeteilte Verfügung erlassen. In
dieser wird unter anderm folgendes bestimmt: Den im Aus-
lände als Arzt approbierten Personen ist die Führung des Titels
„Arzt", „praktischer Arzt", „praktische Aerztin" im Geschäfts-
betrieb nur dann erlaubt, wenn der Titel mit einem seinen
Ursprung bezeichnenden Zusatz versehen ist, der für das Publikuni
aller Stände den Irrtum völlig ausschließt, als sei die Appro-
bation als Arzt in Deutschland erworben. Der Gewerbetreibende
hat außerdem noch nachzuweisen, daß Approbation oder Pro-
motion im Ausland gesetzmäßig erfolgt ist. Personen, die, ohne
approbiert zu sein, sich zur gewerbsmäßigen Ausübung der Heil-
kunde öffentlich erbieten, ist die Führung des Titels „Arzt",
„Wundarzt", „Augenarzt", „Geburtshelfer", „Zahnarzt", „Tier-
arzt" oder ähnlicher Titel untersagt. Als unzulässig werden
hier betrachtet zum Beispiel: „praktischer Naturheilkundiger, Natur-
arzt, Spezialist, Spezialfrauenpraktiker, praktischer Vertreter der
Naturheilkunde, Mitglied des deutschen Naturärzte-Bundes, Ho-
möopath, Hydropath, Magnetopath, Elektrohomöopath, Direktor,
Dir." Dagegen kann gegen diese und ähnliche Titel nicht ein-
geschritten werden, wenn sie mit Zusätzen versehen sind, aus
denen unzweideutig für jedermann erkennbar ist, daß der Inhaber
nicht approbiert ist. In Droguenhandlungen ist die Führung
der Bezeichnung „Apotheker", „Apotheke", Oanct. xkarm. und
dergleichen, durch die der Glaube erweckt werden kann, die
Droguerie sei eine Apotheke, auch dann nicht zu dulden, wenn
der Inhaber im Besitze einer Approbation als Apotheker oder
entsprechender andrer Ausweise ist.
Grrichtsfasl.
Der Lehrling als Kindermädchen. Eine das gesamte
Lehrlingswesen berührende und sowohl für Vormünder wie
Eltern und auch Arbeitgeber sehr interessante Frage wurde neu-
lich vor dem Berliner Gewerbegericht verhandelt. Es handelte
sich darum, ob ein Lehrling gezwungen werden kann, für seine
Lehrmeisterin die Beschäftigung eines Kindermädchens zu über-
nehmen. Den Anlaß zur Erörterung dieser brennenden An-
gelegenheit gab eine Klage zur Aufhebung des Lehrvertrags und
Herausbezahlung des Spargeldes in der Höhe von 144,78 Mark,
welche der Zigarrenhändler B. als Vater feines siebzehn-
jährigen Sohnes gegen dessen Lehrherrn, einen Buchdruckerei-
besitzer, angestrengt hatte. Der Junge war vor drei Jahren in
das Geschäft des Beklagten eingetreten, und es war eine vier-
jährige Lehrzeit verabredet worden, während welcher er im ersten
Jahre wöchentlich 4, im zweiten 6, im dritten 9 und im vierten
15 Mark als Entschädigung erhalten sollte. Der Lehrling hatte
bereits drei Jahre als „Stift" hinter sich, als er krank wurde,
und der Arzt ihm eine längere Erholung auf dem Lande als
unentbehrlich für die Wiederherstellung seiner Gesundheit empfahl.
Die besorgten Eltern brachten ihren Sohn zu einem Onkel nach
Wollin, der dort ebenfalls eine Buchdruckerei besitzt. Im Ver-
lause der Erholungszeit wollte der Onkel selbstverständlich sehen,
was für Fortschritte sein Neffe in Gutenbergs Schwarzkunst sich
während der drei Jahre seiner Lehrzeit angeeignet, und da stellte
es sich heraus, daß der junge Mann kaum den Winkelhaken
stellen konnte und sich nur recht notdürftig am Setzkasten zurecht-
zufinden vermochte. Auf das erstaunte Befragen, was er denn
während der langen Frist getrieben hätte, gab der Neffe zur
Antwort, daß er im ersten Jahre fast nur mit Kinderwarten,
im zweiten mit Botengängen und im dritten erst mit der edeln
Setzkunst beschäftigt wurde, wobei er sreilich noch nicht viel pro-
fitiert hätte. Der Onkel reiste sofort mit dem Jungen nach der
Heimat zurück, um den Vater von den „Kenntnissen" seines
Sohnes zu unterrichten, und die Unterredung mit dem Lehr-
herrn ergab das Resultat, daß Herr B. seinen Sohn aus der
Lehre nahm und den Lehrherrn auf Zurückzahlung der Spar-
gelder verklagte. Im Streitverfahren erklärte der Beklagte, daß
er für die mangelhafte Ausbildung des ihm anvertrauten Lehr-
lings absolut nicht verantwortlich gemacht werden könne. Er
habe den jungen Mann feinem Faktor anvertraut, da er zu viel
im Comptoir zu thun hätte und auch viel auf Reifen war.
Wenn ihn dieser zu einer andern Beschäftigung als zu der Lehr-
tätigkeit verwendet hätte, könne er nichts dafür; übrigens glaube
er aber, den Lehrling, der sehr talentvoll sei, im letzten Lehrjahre
so weit zu bringen, daß er vor jedem Prinzipal in Ehren be-
stehen könne. Deshalb bitte er, die Klage abzuweisen. Der
Gerichtshof konnte dieser Versicherung keinen Glauben schenken
und verurteilte den Beklagten im Sinne des Klage-Antrages.
In dem Erkenntnis führte der Vorsitzende aus, daß einem Lehr-
meister einzig und allein die Verantwortung für die Fortschritte,
das sittliche und körperliche Wohl des ihm übergebenen Lehrlings
übertragen werden müsse. Dieser Verpflichtung sei der Beklagte
nicht nachgekommen. Vielmehr habe er den Lehrling zu aller-
hand privaten Obliegenheiten benutzt. Mit dem Brauch der Aus-
nutzung der Lehrlinge Lurch die Meister müsse überhaupt ge-
brochen werden, schon im Interesse der Lehrlinge selbst, die unter
solchen Umständen als „halbfertige" Gehilfen in die Welt treten,
dort sich und andern zur Last fallen und schließlich aus leicht
ersichtlichen Gründen verbummeln. Aus diesen Gründen recht-
fertige sich das Urteil, daß der Beklagte verpflichtet ist, den Lehr-
vertrag zu lösen und dem Lehrling die Spargelder in der Höhe
von 144 Mark 78 Pf. binnen dreier Tage kostenfrei zuzustellen.
Warnungstafel.
Folgende Warnung veröffentlicht der „Reichsanzeiger":
„In Brüssel hat sich vor einiger Zeit ein Sohn des Inhabers
der Amsterdamer Firma ,Siehl Wzn.' oder ,W. H. Siehl, Sohn
von W. H. Siehl', vor der auf Veranlassung der niederländischen
Polizeibehörden öffentlich gewarnt worden ist, unter der Firma

,6mistauins Sielst Liv' niedergelassen. Er bereist Deutschland,
um Einkäufe auf Kredit zu machen. Auch schriftlich von Brüssel
aus macht er in Deutschland Bestellungen. Verschiedene deutsche
Häuser geben an, von ihm geschädigt worden zu sein. Es wird
behauptet, daß er die sür ihn eintreffenden Waren sofort ver-
äußern läßt. Er soll mittellos sein, so daß Zahlung auch im
Klageweg nicht von ihm zu erlangen ist. Neuerdings scheint er
nach London übersiedeln zu wollen. Der deutschen Geschäftswelt
muß dringend zur Vorsicht geraten werden."
Unfälle und Verbrechen.
Durch den Fernsprechdraht getötet. Vor kurzem riß in
Klein-Basel ein Fernsprechdraht und fiel über die elektrische
Straßenbahnleitung weg zu Boden; ein vorübergehender Mann
wurde getroffen und augenblicklich getötet. Der Draht schlang
sich dem Unglücklichen, einem Arbeiter der chemischen Fabrik,
um den Hals. Der Mann wurde sofort zu Boden geworfen
und war auf der Stelle tot; ein Bahnangestellter, der ihm zu
Hilfe eilen wollte, wurde zur Seite geschleudert. Schließlich
gelang es mit Anwendung größter Vorsicht, den Körper des
Toten von den Schienen wegzunehmen. Hals und Kopf waren
durch furchtbare Brandwunden entstellt.
Deutsche Auswanderer lassen sich in Antwerpen noch
immer von Bauernfängern rupfen. In den letzten Tagen
machten nicht weniger als vier Geprellte bei der Polizei Anzeige.
Dem einen waren 1140, dem zweiten 400, dem dritten 350
und dem vierten 70 Mark von Landsleuten beim Kartenspiel
abgeschwindelt worden. Gewöhnlich bieten sich die Bauernfänger
den auf die Abfahrt der Dampfer wartenden Fremden in „un-
eigennützigster Weise" als Führer durch die Stadt an, wobei
dann bestimmte Wirtshäuser besucht werden, in denen die nötigen
Vorbereitungen zu einem erfolgreichen Spielchen getroffen sind.
Litkeralur.
Die deutsche Presse im Jahre 1897. In der neuesten
Nummer der „Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker" ist eine
Abhandlung über die deutsche Presse enthalten, die in mehr-
facher Hinsicht Interesse erregt. Abgesehen von den Fachzeitschriften
erschienen im Jahre 1897 im Deutschen Reiche 3477 politische
beziehungsweise Jnsertionsblätter, verteilt auf 1752 Erscheinungs-
orte. Im ganzen genommen trifft im Deutschen Reiche auf je
12092 Einwohner oder auf 157 Quadratkilometer eine Zeitung.
In Oesterreich trifft eine Zeitung erst auf 72290 Einwohner
oder 1167 Quadratkilometer, in der Schweiz schon eine auf
7581 Einwohner oder 107 Quadratkilometer. Man kann aus
diesen Ziffern die Einwirkungen der Preßgesetze deutlich erkennen.
Während die Schweiz, deren Presse unter den zum Vergleiche
herbeigezogenen Ländern sich der größten Freiheit erfreut, auch
den größten Konsum an Lesestoff aufweist, bleibt Oesterreich
infolge feines Preßgefetzes und seines Jeitungsstempels weit
zurück. Das Deutsche Reich zählt neun Zeitungen, die öfter
als täglich zweimal erscheinen; Oesterreich hat kein derartiges
Blatt aufzuweisen, die Schweiz besitzt eines. An wöchentlich
12—13mal erscheinenden Zeitungen besitzt Deutschland 79,
6—7mal wöchentlich erscheinen 1185, 2—5mal 1745 Blätter.
Der Jnsertionszeilenpreis in diesem Bläiterwalde variiert zwischen
5 Pfennig und 3 Mark; in Bezug auf die politische Richtung
bezeichnet sich reichlich die Hälfte der Zeitungen als „parteilos".
Außerdem erscheinen im Deutschen Reiche noch 3056 Fach-
zeitschriften, die sich auf alle Zweige des menschlichen Wissens
und Strebens verteilen.
Denkmäler.
Bewohner von Molmerswenda, dem im Harz gelegenen
Geburtsdorfe des Dichters Gottfried August Bürger,
haben fchon feit Jahren an der Verwirklichung des Planes
gearbeitet, ihrem berühmten Landsmann ein bescheidenes Denk-
mal zu fetzen. Aber ohne Verbindungen mit der litterarischen
Welt, nur auf eigne Kraft angewiesen, haben sie sich bisher der
Erfüllung ihres berechtigten Wunsches nicht erfreuen können.
Nun hat die Litterarische Gesellschaft der Stadt
Sangerhausen die Ausgabe ihrer Molmerswender Nachbarn
übernommen, weitere Kreise sür die Sache zu interessieren, und
hat auch bereits die ministerielle Genehmigung erwirkt, Aufrufe
zur Einsendung von Beiträgen zu erlassen und solche entgegen-
zunehmen. Gerade jetzt, da 150 Jahre seit der Geburt Bürgers
verflossen sind, scheint der Zeitpunkt gekommen, um ein Scherflein
bitten zu dürfen für den Poeten, dem wir „Lenore" und „Das
Lied vom braven Mann" verdanken. Bürger verdient es
wohl, daß seine Geburtsstätte nicht ganz ohne ein äußeres Zeichen
des Dankes und der Erinnerung bleibe, und die wackeren Be-
wohner des kleinen Harzortes, die ihrer Heimat reichbegabten
Sohn ehren wollen, dürfen gewiß darauf rechnen, daß ihnen die
Unterstützung der Berufenen nicht fehle. — Beiträge sind zu
adressieren an Herr Bankdirektor U. Schmidt, Georgen-
promenade, Sangerhausen.
Sport.
Können und sollen Amputierte Rad fahren? Vor kurzer
Zeit wurde in einer ärztlichen Zeitschrift als eines Kuriosums
eines Mannes gedacht, der, obwohl ihm in der Kindheit ein
Bein amputiert worden war, ein tüchtiger Radfahrer geworden
ist. Dieser Fall wird des Absonderlichen entkleidet durch einen
kleinen Aufsatz Or. Brunners in Zürich in der „Münch. Med.
Woch.", der nicht nur die Möglichkeit des Radfahrens Amputierter
zugiebt, sondern das Zweirad für Leute, denen ein Bein im
Ober- oder Unterschenkel amputiert worden ist, geradezu empfiehlt.
Die Konstruktion Les künstlichen Beines ist dabei von geringer
Bedeutung. Es muß nur im Knie- und Fußgelenk die nötige
Beweglichkeit haben, um ausgiebig gebeugt werden und den Be-
wegungen des Pedals folgen zu können.
Ehrenmeldung.
Der Inhaber der weltberühmten Mannheimer Fabrik
landwirtschaftlicher Maschinen, Fabrikant Heinrich Lanz, stiftete
neulich, anläßlich seines sechzigsten Geburtstages, eine Million
Mark, deren Zinsm bedürftigen Arbeitern zu gute kommen sollen.

Nachdruck aus dem Inhalt dieser Zeitschrift wird strafrechtlich verfolgt. — Verantwortlicher Redakteur: Wilhelm Wetter, Stuttgart-Cannstatt. — Druck und Verlag der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart, Neckarstraße Nr. 121/123.
Briese und Sendungen nur: An die Deutsche Verlags-Anstalt in Stuttgart — ohne Personenangabe — zu richten.
 
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