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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Renatus: Dekorative Wandmalereien im Privathaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0131

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INNEN-DEKORATION 111

ARCHITEKT PROFESSOR EMANUEL VON SE1DL— MÜNCHEN. »TEEZIMMER« MIT WANDMALEREI VON PROF. LEO PUTZ

DEKORATIVE WANDMALEREIEN IM PRIVATHAUS

Die Erneuerung der modernen Malerei hat sich wesent-
lich am Tafelbild vollzogen. Obgleich die große
Verjüngung der Architektur, der angewandten Kunst
parallel ging, erfolgte doch nun nicht die große Vereini-
gung der Malerei mit ihrer Mutterkunst, der Architektur,
sondern alle die Kämpfe um die neuen Mittel, die Bildung
der neuen Gruppen wurden ausgetragen am transportabeln
Tafelbild. Das hat natürlich darin seine Ursache, daß
unsere moderne Malerei wesentlich Ausstellungskunst
ist. Bis ein Bild von seinem Produzenten, dem Künstler,
zu seinem Konsumenten, dem genießenden Mäzen gelangt,
muß es alle die Etappen von Ausstellungen, Presse, Kunst-
handel passieren. Erst nach Durchlaufen aller dieser
Stationen kommt so ein armes Bild, wenn ihm Glück
beschieden ist, vielleicht an die Stelle, wo es relativ hin-
gehört, wo es in Ruhe seine Reize entfalten und gewisser-
maßen warm werden kann.

Obgleich es so ist und unvermeidlich so ist, müssen
wir uns doch gegenwärtig halten, daß der Idealzustand
der umgekehrte ist: daß das Bild an Ort und Stelle ent-
steht, wo es sein Leben führen soll. Daß die Fläche aus
dem Raum des Hauses, und das Bild aus der vom Gesamt-
raum aus verstandenen Fläche entsteht, sodaß dann das
Bild nur wie eine höchste Belebung räumlichen Gestaltens
an einer bevorzugten Stelle, wie eine Illuminierung des
ganzen raumschaffendenWerkes erscheint, so wie die Blüte
am Gesamtkörper der Pflanze als ein zusammengefaßtes
höchstes Aufklingen vegetativ-gestaltenden Lebens wirkt.
— Unsere Zeit ist derartigen Aufgaben umso weniger

günstig, je weniger repräsentativ unser modernes Leben
ist. Im modernen Privathaus bilden schon die räumlichen
Abmessungen ein schwieriges Problem. Die klassische
dekorative Wandmalerei hat ihren Stil an fürstlichen
Dimensionen entwickelt: die Bildflächen scheinen von
vornherein über die profane Sphäre hinausgehoben, und
die Möbel und ihre Benutzer bleiben zurück und wirken
wie bloße Rahmen zu den gesteigerten Ereignissen, die
in den Bildinhalten zum Vortrag kommen. Wenn dagegen
z.B. Leo Putz das Damenzimmer im Hause Brakl mit
dekorativen Malereien schmückt, so scheinen die dem
modernen Leben entnommenen Figuren gewissermaßen
in den Raum hereingezogen, es ist als müßte man mit
diesen lebensgroßen Gestalten verkehren. Jedes pathe-
tische Moment der Steigerung, das in unserer unpathe-
tischen Zeit nur zu Akademizismus oder Historismus
verleiten könnte, bleibt vermieden. Im übrigen zeigen
die Putzschen Bilder, wie wenig unsere moderne Malerei
einen besonderen dekorativen Wandstil bisher ausgebildet
hat: der große Reiz der Bilder liegt gerade darin, mit
welcher Unbekümmertheit der Künstler die Gesetze der
impressionistischen Malweise, die er an seinen Tafelbildern
entwickelt hat, auf die Wandfläche überträgt. Die Bilder
sind meist nach der Diagonale komponiert und führen
tief in den Raum hinein. So erscheint der Raum des
Zimmers ins Unbestimmte geöffnet, die Türgewände wir-
ken einfach als Ausschnitte aus dem Bildraum. In nichts
wird im Liniament der Bilder irgendwie die Grundteilung
der Zimmer aufgenommen; nur durch die Abwägung der

1917. HI. 3.
 
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