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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Moos, Herbert: Einrichtungs-Kunst und Fortschritt: Arbeiten von Architekt Hans Buser - Brugg
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0200

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INNEN-DEKO RATION

TRAUGOTT S1MMEN & Cie. ARCH. HANS BUSER WOHNRAUM Dr. L.-ZÜRICH. STOFFE BLAU U. GRAU

Werfen wir aber nun diese beiden Thesen zu- nicht ihr selbst zu danken war, sondern einem
sammen, so ist und bleibt es unverständlich, daß Zusammentreffen vom Tagesgeschmack mit dem
diese gegebenen Bedingungen ganz und durch- Erlebnis der wirtschaftlichen Lage. Die Interessen
gehend über das Schaffen der Architekten und der Industrienach einfachen,reproduktionsfähigen
Innenarchitekten von heute entscheiden sollen. Modellen entsprachen, oberflächlich beurteilt,
Ihr Erfolg ist jedoch nur aus drei Umständen einem Zeitgeschmack, einer Mode. Daraus wurde
heraus zu erklären. Einmal ist ihnen die Kraft geschlossen, daß für unsere Epoche eine wirt-
aller wirksamen Schlagworte eigen. Dann konnten schaftliche Erklärung, für die Architektur und die
sie als Programm einer Reaktion gegen die Vor- Innenausstattung die Schlagworte »Existenz-Mini-
zeit gelten und wirken. Und endlich entsprechen mum« und »machine ä habiter« genügen könnten,
sie einem äußern Zustand unserer Lebenshaltung, *

der seine Ursachen hauptsächlich in der durch Im Grunde liegen aber die Ursachen unseres
den Krieg geschaffenen wirtschaftlichen wie poli- Zeitgeschmackes viel tiefer. Entgegen allem
tischen Lage hat. Sie scheinen unsere ganze heu- Scheinen und vielem Gebaren hat sich im Men-
tige Kultur zu enthalten und demgemäß völlig sehen eine »Verinnerlichung« vollzogen. Was z. B.
zeitgemäß zu sein. Ihnen ist nur dann zu wider- verschiedene Erscheinungen auf philosophischem
sprechen, wenn man unsere Zeitstimmung nach und literarischem Gebiete ahnen ließen, das hat
ihrer tiefern Bedeutung zu erklären sucht. sich sichtlich eröffnet. Es fand eine Abkehr
Wollen wir unsere Zeit einzig und allein aus von der Renaissance und eine Annäherung an
wirtschaftlichen Zuständen ableiten, so verfallen die Primitiven statt. Die Auffassung des Schei-
wir in einen Fehler. Die Welt besteht nicht nur nens, des Mehrscheinens, der Pracht machte
aus Arbeitsstunden und Lohn, nicht nur aus Nach- einem Hang nach innerer Wahrheit, nach Einfach-
frage und Herstellung, nicht nur aus Wirtschaft heit im Empfinden Platz. Die Einschränkung der
und Standardisierung. Maschine und Industrie sind äußern Attribute vereint mit einer subtileren Ver-
nicht Mächte außer dem Menschen, sondern seine tiefung des Gegenstandes drängte zu einer neuen
Instrumente. Ist sich der Mensch dessen nicht geistigen Aristokratie hin. Und diese Verinner-
bewußt, so wird er vorübergehend von der Tech- lichung wurde zum charakteristischen Ausdruck
nik seiner Zeit beherrscht; die Materie ist dann unserer Zeit, oder, besser gesagt, derjenigen
stärker als er. Und diese Erscheinung war in den Menschen, die in unserer Zeit entweder durch
letzten Jahren festzustellen, nur daß ihr Erfolg ihre Werke oder durch ihre Persönlichkeit zählen.
 
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