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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Mayreder, Friedrich: Mensch, Haus und Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0163

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EIN HAUS IN DEN SALZBURGER ALPEN

MENSCH, HAUS UND LANDSCHAFT

Eng im Raum stehen in der Stadt die Häuser, seien
sie nun in geschlossener Reihe unmittelbar an-
einandergeschoben oder im Außengelände der Stadt
in genau vorgeschriebenen Abstand gestellt. Ein
städtisches Haus folgt außer den Gesetzen, die in ihm
selbst, in seinem Inneren und Äußeren wohnen, ledig-
lich noch den Anforderungen, die ihm von den be-
nachbarten Häusern, von der Stadt und dem Stadt-
raum als Gesamtheit gestellt werden. Ein solches
städtisches Haus ist in seinem Werden und in seiner
Gestaltung durchaus von Faktoren bestimmt, die
dem Bereich der Baukunst im weiteren Sinn ange-
hören. Das einzige gewissermaßen außerarchitek-
tonische Element der Städte, die Bäume der Straßen
und das Grün der Gärten, ist so bewußt angeordnet
und willentlich hingesetzt, daß es zuletzt doch wieder
in den Bereich des absichtlich Gestalteten fällt.

Steht aber ein Haus nicht in der Stadt, sondern in
der freien Landschaft oder auch nur in einem Orte,
der des festen städtischen Gefüges entbehrt, so ist das
Verhältnis des Bauwerks zu seiner Umwelt und das
der Umwelt zu ihm ein von Grund auf anderes. Der
von Menschenhand hingesetzte Baukörper befindet

1934. V. 1

sich nun in einer Natur, die zwar in unseren Landen
überall von Menschen berührt und beeinflußt ist, die
aber in ihrem wesentlichen Ausdruck, Bild und Cha-
rakter sich seinem gestaltenden Willen entzieht. In
der Stadt kann ein Haus stören, kann aus seiner Um-
gebung fallen: es bleibt dennoch in hohem Maße auf
sich selbst gestellt, trotz der Nähe der anderen oder
vielleicht gerade deshalb. Auch der Mensch ist nir-
gends einsamer als im Gewühl. Aber niemals kann in
der Stadt ein Haus als greller Mißklang so seine
ganze Umgebung beeinflussen, so zur Vernichtung
von Schönheit und Gleichklang beitragen, wie es einem
in der Landschaft stehenden Haus möglich ist.

Woran mag das liegen ? »Das Haus muß der Land-
schaft angepaßt sein.« So lautet eine beliebte Antwort
auf diese Frage. Dennoch ist diese Weisheit völlig
schief. Sie setzt voraus, daß sozusagen jeder Land-
schaftsform, wie etwa der Ebene, der See oder dem
Hochgebirge, ein ganz bestimmter architektonischer
Ausdruck entsprechen müßte, so daß auf der anderen
Seite gewisse Formen insbesondere neueren Charak-
ters dem Geiste einer Landschaft von vornherein und
auf alle Fälle widersprechen. Die Erklärung für diese
 
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