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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Mayreder, Friedrich: Glas
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0200

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184

INNEN-DEKORATION

marianne rath »toilettegarnitur«

GLAS. Mannigfach sind im
Bereich menschlichen Ge-
staltens die Stoffe, die einst kost-
bar waren und die nun verän-
derte Herstellungsweisen und
leichter Transport wohlfeil und
deshalb alltäglich gemacht ha-
ben. Manche, ja vielleicht die
meisten der solcherart entwer-
teten Materialien haben mit der
Seltenheit zugleich auch den
Zauber verloren, den sie ehe-
dem auf die Menschen ausge-
übt haben. Ihr Adel hat die
Probe der Häufigkeit nicht be-
standen. Das Glas hat seinen
Reiz behalten. Das mag zwei
Gründe haben. Einmal hat die
moderne Technik das Glas nicht
nur häufig gemacht, sondern
auch in hohem Maße vervoll-
kommnet. Dadurch gelangen
heute — und das gehört schon
zum zweiten Grund - die dem
Glase von Anbeginn innewoh-
nenden edlen Eigenschaften,



die sich wohl auch sonst behauptet
hätten, erst zu voller Geltung. Diese
edlen Eigenschaften des Glases kön-
nen durch Bearbeitung, durch Schnitt,
Schliff, Ätzung gesteigert werden,
doch es kann aller dieser Hilfsmittel
sehr wohl entraten. Ja, es ergreift
uns vielleicht am stärksten, wenn es
als Material ganz auf sich selbst ge-
stellt bleibt und seine Form nicht
von außen herangetragen, sondern
von innen heraus entwickelt wurde.
Denn des Glases tiefster Zauber ist
seine Durchsichtigkeit: sie wirkt ohne
äußere Bearbeitung am reinsten. Sie
ist darum ein Zauber, weil das Auge
die Dinge hinter dem Glase nicht
sieht, wie sie - scheinbar - sind, son-
dern wie die Gestalt des Glases sie in
reizvollem Wechsel uns darstellt.
Das Glas wird so zum sinnfälligen
Ausdruck der Wandelbarkeit aller
Anschauung. — Friedrich mayreder

m. rath »fruchtschale«, e. rottenberg »parfümflasche« ausf. % & l. lobmeyr-w1en
 
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