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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Weiss, F.: Pflanzen und Pflanzenständer in der neuzeitlichen Wohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0324

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PFLANZEN UND PFLANZENSTÄNDER IN DER NEUZEITLICHEN WOHNUNG

Ist es möglich, werden viele fragen, daß es so etwas
wie moderne Pflanzen gibt ? Werden Pflanzen nicht
zu allen Zeiten von den Menschen gleich gewertet?
Pflanzen sind ein Stück Natur, wird man erklären.
Wie kann also Natur modern oder unmodern wirken ?

Und doch ist es so. Es verhält sich hier ähnlich wie
mit den Gärten in den verschiedenen Kunstepochen.
Zeigt nicht beispielsweise der Park der Renaissance
ein anderes Gepräge als der des Rokoko ? So gibt man
auch dem Raum zu verschiedenen Zeiten verschie-
denen Pflanzenschmuck. Wissen wir nicht alle, daß
zur Biedermeierzeit die süßliche Kamelie Favoritin
war ? Oder daß in der Makartzeit die Palme in jedem
Salon für unerläßlich galt? Auch in der Vorkriegszeit
gab es solche Lieblinge. Und daß es heutzutage wie-
der andere gibt, wen darf das in Erstaunen setzen?

Der Liebling unserer Tage ist - oder war wenig-
stens bis vor kurzem - der Kaktus. Ein stacheliges,
unschönes Gewächs, denn schön ist der Kaktus ei-
gentlich nur in den karg bemessenen Tagen, da er
seine zauberhaft leuchtenden Blüten erschließt. Daß
er es zu einer solchen Beliebtheit bringen konnte, ist
trotzdem kein Zufall. Spricht doch anscheinend das
Groteske, das ihm anhaftet, die Menschen unserer
aufgewühlten, unruhigen Zeit besonders an. Und
dann: dieses Groteske bringt in den modernen, an
glatten Flächen und kahlen Wänden überreichen
Wohnraum eine besonders reizvolle Note. Wie be-
lebt zum Beispiel eine Opuntia mit ihren bizarren
Formen den kleinen Fensterplatz! Oder eine schön

gezeichnete Agave den etwas nüchternen Erker! Ne-
ben den Kakteen gibt es aber noch andere von der
Mode bevorzugte Pflanzen. Da haben wir den lack-
glänzenden Gummibaum, die Zimmerlinde mit ihrem
zartgrünen Blätterschmuck, da haben wir den schlank
aufstrebenden Fikus und das interessante Philoden-
dron mit seinen Luftwurzeln.

Und der Pflanzenständer? Er muß sich natürlich
harmonisch in den Charakter des Zimmers fügen.
Kein Wunder, daß man ihm daher neuerdings wieder
mehr Aufmerksamkeit schenkt. Der in buntem
Schleiflack ausgeführte Etagenblumentisch der letz-
ten Jahre ist noch immer modern, daneben sehen wir
aber bereits in Edelholz ausgeführte Modelle und die
Kombination Nickel - Glas. Ein besonders hübscher
Ständer dieser Art zeigt einen leicht gewundenen auf-
strebenden Mittelstamm, aus dem wie aus einem
Baum verschieden lange Äste entspringen, an denen
sich Ringe, beziehungsweise Glasplatten zur Auf-
nahme der Töpfe befinden. Für einzelne größere
Pflanzen oder Kakteengruppen gibt es eigene nied-
rige Tischchen aus Holz, deren Platten aus Milchglas
bestehen.

Originell und praktisch zugleich ist auch die quer
ins Zimmer gestellte, zum Teil verglaste Holzwand, die,
der Raumteilung dienend, gleichzeitig die Aufnahme
von Blumentöpfen gestattet. Am eigenartigsten aber
dürfte der schmiedeeiserne Pflanzenständer wirken,
weil er als Erzeugnis echter Werkkunst dem individu-
ellen Geschmack den weitesten Spielraum läßt. f. weiss

9. geschirrschrank neben dem kleinen dachfenster im speisezimmer
puderfarbener schleiflack, teppich blau-grau-gemustert
 
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