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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Pütz, Friedrich: "Villa" oder "Landhaus"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0356

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340

INNEN-DE KOR AT ION

WOHNZIMMER-ECKE IN DEM S. 337 ABGEB. HAUS MIT EINGEBAUTEN WANDSCHRÄNKEN, WAND- UND DECKENVERTAFELUNG

»VILLA« ODER »LANDHAUS«

VON ARCHITEKT FRIEDRICH PÜTZ —BERLIN

Interessant wäre es, einmal eine Untersuchung dar-
über anzustellen, in welchem Zusammenhang der
Niedergang unserer künstlerischen Ausdruckskultur
mit der Kasernierung breiter Schichten in den Groß-
städten steht. Was eine Generation auf dem Gebiete
des Mietshausbaues gesündigt hat, kann die nächste
leider nicht so schnell wieder gutmachen. Gebaute
Sünden sind bekanntlich die schlimmsten Sünden,
weil sie über den Tag hinaus in die Jahrhunderte fort-
wirken. Neben den mustergültigen Anlagen moderner
Bauhygiene gibt es z. B. in Berlin immer noch etwa
45000 Wohnungen ohne Wasserleitung und W. C.

Leider kann nun auch das bestangelegte Massen-
quartier nicht darüber hinwegtäuschen, daß es seine
Bewohner in dem Grade seelisch beengt und nivel-
liert, in dem es sie durch die Einschachtelung in eine
kleine Mietwohnung von einer Bewegungsmöglich-
keit im Freien ausschließt.

Die Entwicklung der Großstädte hat für immer
mehr Millionen Menschen nicht nur die Etagenwoh-
nung zum Zwang werden lassen, sondern hat auch,
was viel schlimmer ist, jenes moderne Nomadentum

erzeugt, dem Grundelemente gesunden Volkstums,
wie »Heimat« und »Vaterhaus«, zu schemenhaften
Begriffen wurden. In dem Maße, als Ungezählte jede
tiefere Beziehung zum Boden und zur Natur ihrer
Heimat verloren, mußten die schöpferischen Urkräfte
verkümmern und mußte unsere Kultur an künstle-
rischer Ausdrucksform verlieren.

Die Volkskunst geriet ins Absterben, das persön-
lich gestaltende Handwerk wurde Industrie und die
Baukunst Sklave der Technik.

Aber der im Volke lebende gesunde Instinkt ließ
viele schon lange vor unserer heutigen Reorgani-
sation jene Entwurzelung und Abdrängung vom
Mutterboden, jene Zerstörung der Seßhaftigkeit und
der Heimatliebe als eine Vergewaltigung empfinden,
gegen die man sich zur Wehr zu setzen wußte. Die die
Großstädte umsäumenden und einst belächelten Lau-
benkolonien sind ein rührender Ausdruck für den im
naiven Menschen heute noch lebendigen Hang zur
Scholle, zur Gebundenheit am Schaffen auf eignem
Grund und Boden, im eignen Heim.

In den mit viel Handwerkslust und mit volkstüm-
 
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