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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 3/4
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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [12,13]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0022

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er nahm die Hälfte und ließ den Rest im Gotteshause, weil ihm der Umtausch zu theuer schien. So kam er
zu einer der schönsten Sammlungen gemalter Fenster aus dem XIV. Jahrhundert, die erst vor drei bis vier
Jahren versteigert und nach allen Richtungen zerstreut wurden.

Don Nürnberg aus versorgte der Herzog von Gotha sein Kunstkabinet mit alten Glasgemälden. Von
der altehrwürdigen Reichsstadt an der Pegnitz, der Stadt Albrecht Dürer's, sollte auch der erste Anlaß zur
Wiedererweckung der Glasmalerei ausgehen.

Das Erlöschen der Glasmalerei macht recht augenscheinlich, daß auch unsere Generation im großen
Ganzen ihr schwaches Gedächtniß habe. So trat das Pythagoräifche Weltsystem, welches die Erde um einen
höheren Feuerherd kreisen ließ, vor dem ptolemäischen bis auf Kopernikus in den Hintergrund. Europa vergaß,
daß schon fünf Jahrhunderte vor Kolumbus durch deutsch redende Nordländer Amerika entdeckt worden war.
Die Purpurfärberei, das biegsame Glas, das Email und manch' andere Bereitung hat sich nicht ununterbrochen
vererbt; ja das Geheimniß, eine Anzahl Rheinflöße zu einem einzigen großen Fahrzeug zu vereinigen, beschränkte
sich in Folge der französischen Revolutionskriege auf einen einzigen Wann.

Dabei bleibt es immer ein Wunder, nicht daß unsere kostbare Kunst bei der zunehmenden Geistlosigkeit
und unter den Stürmen vor Ausgang des letzten Jahrhunderts so viel wie erlosch, sondern — daß sie im Ver-
gleich mit der Buchdruckerkunst, dem Steindruck und ähnlichen, ganz mechanischen Kunstzweigen, die so lange aus
sich warten ließen, so überaus früh cmporkam.

XII. Wiederaufleben der Glasmalerkunst zu Benediktbeuern.

Zum Glück sollte in unseren Tagen unter dem Kunstmonarchen Ludwig I. sieben Stunden von Tegernsee,
wo die Glasmalerei ihr Entstehen nahm, im ausgehobenen Kloster Benediktbeuern dieser Kunstzweig zur neuen
Blüthe sich entfalten. Die Porzellanmalerei mußte der frischen Erfindung, Bilder in Glas zu schmelzen, zur
Vorschule dienen. Es war der Nürnberger Siegmund Frank, eines armen Obstlers Kind, geb. \770, in welchem
der neue Beruf erwachte. Nachdem er einige Zeit mit Dofenlakiren sein Glück versucht und sein kümmerliches
Brod erworben, führte ihn der glückliche Zufall in das Gewölbe eines Glasermeisters, wo eben ein Engländer-
alte Scherben von Glasgemälden theuer genug bezahlte mit der Aeußerung: „Der könnte sich ein großes Verdienst
erwerben, welcher die einst so hoch entwickelte Kunst, in Glas zu malen (d. h. die Farben einzubrennen) wieder
in's Leben riefe!" — Längst war Frank bei Betrachtung der Glasmalereien in den Kirchen der Stadt entzückt,
zwölf Jahre verfolgte ihn der Gedanke, es damit zu versuchen, bis er zur That ward. Die Porzellanmalerei
führte ihn zur alten Kunst zurück.

Das hingeworfene Wort des Britten durchzuckte unfern Landsmann wie ein Lichtstrahl, mit einem Wal
ging ihm Vertrauen erweckend der Stern seiner Bestimmung aus. Es ließ ihm keine Ruhe, Tag und Nacht
zu sinnen, Proben zu machen und wieder zu verwerfen, bis er mehr Erfahrung gewann und Einiges besser
gelang. Schon Hatte er den Rest seines angeheiratheten Vermögens zugesetzt, als ihm, genau 800 Jahre nach
der ersten Erfindung, der Versuch mit einem Wappenbild gelang, womit die alte Kunst aufgehört hatte. Sofort
erhielt er kleine Aufträge, erst vom Kammerpräsidenten von Stauffenbcrg, darauf für eine englische Kunsthandlung,
sodann vom Fürsten Wallerstein. Wit fürstlichem Sinn gründete der nachmalige Premier eine lithographische
und Glasmalerei - Anstalt in Wallerstein durch S. Frank. Inzwischen hatte die Ausführung des bayerischen
Pauswappens 1808 die Augen des Königs Waximilian auf ihn gezogen; da wagte er sich daran, die Beschneidung
nach Golzius (eigentlich kein Motiv für christliche Kunst!) aus weißes Glas zu malen, und erhielt dafür durch
kgl. Großmuth 100 Dukaten ausbezahlt. In derselben Weise machte er sich an's Kopiren der Geburt Christi
nach Bolswerth, und des Abendmahls nach Dürer, und erhielt dafür 18 \ 8 eine Anstellung als Glasmaler an
dem vom Kronprinzen \8\6 begründeten Institut für Porzellanmalerei zu München. Die von Utzschneider in
Benediktbeuern errichtete Glashütte, aus welcher zugleich die weltberühmten optischen Gläser von Fraunhofer
hervorgingen, ist dadurch die Wiege der neueren Glasmalerei, wo man nach vielfachen Schwierigkeiten wieder
Farbenglas erzeugte. Pier eröffnete Frank bald in Verbindung mit dem jungen Max Ainmüller das Feld zu
neuen chemischen Experimenten, die alten püttengläser zu ersetzen, besonders unvergleichlichen Goldpurpur und
eine Stufenleiter von Farben, palb- und Witteltönen zu gewinnen, die an Klarheit, Frische und Tiefe nichts zu
wünschen übrig ließen. Zudem gelang ihm die Perstellung weißen Glases, auf welchem das Kunstgelb wunderbar
golden erschien, um auf Einer Scheibe, ohne die starken Contouren mit Schwarzloth und die störende Verbleiung,
ein ganzes Bild zur Ausführung zu bringen.

König Ludwig schenkte die wiederentdeckte Kunst der Welt. Die Schule der Romantiker hat zum Wieder-
aufleben der Glasmalerei das Verständniß eröffnet. Wit kgl. Unterstützung war 1826 das neue Schmelzwerk
 
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