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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 3/4
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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [12,13]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0023

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^ 19 H

für Ueberfanggläser errichtet, und 1827 erhielt Heinrich Ieß bereits den Auftrag zu den neuen Glasgemälden
für den Regensburger Dom auf Rosten der Rabinetskaffe. Bis 1835 waren die ersten sieben Fenster eingesetzt,
mit den von 184:9 bis 1858 hinzugekommenen für die Gefammtkosten von 90,000 Gulden, piebei gewann
man zuerst wieder die Renntniß der technischen Mittel der Alten, doch hielten Ieß und Gärtner mit Grund
dafür, daß die neuen Fenster gegen die alten zu hell ausfielen und die Schmelzfarben eine tiefere Sättigung
bedürften, anderseits der kräftigen und harmonischen Wirkung der Farben durch Ueberstuppen und Mattschleifen
der einen Seite nachgeholfeu werden müsse. Rathsam erschien, die helleren Farben für die Rirchenseite zu be-
wahren, wo kein Sonnenstrahl durchdrang.

Bereits 1856 überwachte Ainmüller in Benediktbeuern die Anfertigung der neuen Farbengläser für die
neunzehn Sochsenster der Mariahilskirche in der Au, welche der königliche Mäcen von 1852 bis 1846 um den
Preis von 209,000 Gulden Herstellen ließ — bei den jetzigen Runstmitteln dürfte man sie allerdings für den
halben Theil dieser Summe anfertigen. Erst 1845 war von Boit der Bau der neuen Glasmalereianstalt vol-
lendet, welche 1876 zmn Fortbildungsinstitut für das Runstgewerbe erweitert wurde. Bon da gingen nun 1844
bis 18^8 die berühmten Rölner Domfenster hervor, ein königliches Geschenk von 67,000 Gulden.*)

Melchior Boifferse, der mit seinem Bruder Sulpiz und ihrem Freunde Bertram gemeinsam die berühmte
Sammlung altdeutscher Meisterbilder bewerkstelligte, welche Rönig Ludwig für unsere alte Pinakothek erwarb,
ließ einige der schönsten von van Eyck, lsenüing (jetzt richtig Mcmmling geheißen), van der Goes u. A. besonders
durch den tüchtigen Glasmaler Vörtel ohne Weiteres auf Eine Tafel bringen, so daß sie, schon leuchtend an sich,
noch mehr brilliren; ich sah sie jüngst wieder iin Museum zu Röln. Bekanntlich sind sie zugleich von Strixner
in wunderbaren Lithographien erschienen und darin das höchste im Fache dieser abermaligen Münchener Er-
findung (durch Seneselder) erreicht worden. Diese bedeutenden, wie Staffeleibilder ausgeführten Gemälde, neben
den größeren Rirchenfenstern, bilden den Triumph der modernen Glasmalerei; sie hängt zudem mit der Wieder
aufnahine der Gothik zusammen. „Die neuen Glasmalereien in München," so urtheilt Gressert, S. 244, „haben
in der jetzigen Runstwelt auch nicht von ferne ihres Gleichen. Die glühende Pracht ihrer Farben strahlt siegreich
neben dem Auserlesensten der älteren Runst, die umfangreiche Scala der Tinten, sowohl in den Gläsern als den
Schmelzen, ihre Unempfindsamkeit gegen chemische Einwirkungen, die kunstreiche Zusammensetzung und Verbleiung
der Stücke, mehr noch die Fülle, die Breitenausdehnung, ihre Bestimmung für heilige Räume und der Geist,
welcher dieser gemäß die Darstellungen durchdringt, jene dein ächten Wesen unserer Runst allein zusagende hoch-
symbolische Vereinigung des Architektonischen, Bildlichen und Ornamentalen, der kirchlich höchste Stil bei dem
einfachen, ernsten, lallen falschen Schein ausschließenden musivischen Vortrage: Alles dies predigt laut die in
Bayern nach beiden Richtungen zum Durchbruch gelangte Regeneration der Glasmalerei, ihre Rückkehr zu ihrer
eigentlichen Bestimmung und ächten Disziplin, sowie ihre lserrschast über einen Schatz technischer Mittel und
Erfahrungen, der in solcher Ausdehnung den Alten, selbst aus ihrem pöhepunkt, unbekannt geblieben." S. 265:
„Die pütten- und Ueberfanggläser stehen in den ganzen und vollgesättigten Farben jenen der Alten an Schönheit
gleich; in den gebrochenen oder lhalbfarben können dagegen die Alten kaum etwas Aehnliches aufweisen; die
Glasmalerfarben und Flüsse, von welchen u. A. zum Rolorit der Röpfe und des Fleisches überhaupt, sowie zu
einigen, die Farben im Schatten wechselnden Gewändern und anderen Gegenständen, namentlich aber landwirth-
schastlichen Gründen, ein aus kluger Rücksicht zwar sparsamer, aber alle ähnlichen Versuche der Alten weit über-
treffender Gebrauch gemacht worden, nähern sich an Glut und Transparenz in einem früher kaum geahnten
Grade den von der Fritte her gefärbten Gläsern."

Als ich vor bald zwanzig Jahren das letzte Mal in Basel war und bescheiden anfrug, wer die Restau-
ration der kath. Rirche übernommen, erhielt ich unter Blicken der Verwunderung die Antwort: „Münchener
Rünstler natürlich, wer könnte derlei sonst machen!" Wiederholt habe ich in Metz den Monsieur U carschal
besucht, der die Glasgencälde für St. Vincent de Paul in Paris lieferte und das größte derartige Institut in
Frankreich gründete, das aber seit 1871, wenn ich nicht irre, nach Ehalons übersiedelte. Er äußerte immer
energisch zu meiner und seiner Genugthuung: mit den Glasmalereien aller Welt nehme er es sicher auf, nur
den Münchnern inüsse er den Vorrang einräumen! ■— Durch Zuviel verderben die Franzosen sich selbst das
Spiel; in Lyon z. B. ist eine Rirche so verdunkelt, daß ohne Licht keiner inehr lesen kann. Anderseits sieht man
in Paris alle Wände mit Freskobildern ausgefüllt und inc alten Dom zu Metz sind selbst die Pfeiler und
Säulenbündel nicht verschont, so daß sie durch den Reflex der gemalten Fenster förmlich tätowirt werden und
gar nicht zu betrachten sind. In San petronio zu Bologna, wo der Patron dieser Runst zuerst gewirkt und
begraben liegt, fand ich 1874 neue Bilder von Bellini, vielleicht einem Sprößling des berühmten venetianischen
Meisters. Aber unvergleichlich herrlicher sind die von Rönig Maximilian II. von Bayenc gestifteten Geinälde
Petrus und Paulus an der Vatikanischen Treppe in Rom.**)

*) Das Ausführliche in meinem Ludwig Augustns, König von Bayern, und das Zeitalter der Wiedergeburt der Künste.
Kap. XIX: Die Glasmalerei.

**) Bei der Plünderung des Vatikans durch die Deutschen unter Clemens VII. {527 gingen die von Claude und dem
 
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