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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Bode, Wilhelm von: Die amerikanische Konkurrenz im Kunsthandel und ihre Gefahr für Europa
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0020

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Sachen sich befinden! Die Macht der Presse ist hohe Kunst. Aber auch da scheinen mir die
uns nie so klargeworden wie in diesem Falle; ob Aussichten für die Museen und Sammler Euro-
sie dieselbe oft zu solchen Zwecken missbraucht? pas keineswegs so hoffnungslos zu sein, wie

So „vorsichtig", wie Herr Walters, verfährt man jetzt annimmt. Die Kaufwut der Ameri-
wohl nicht jeder der reichen amerikanischen kaner ist augenblicklich gerade in den Hunds-
Kunstsammler; darum ist auch keiner so sehr tagen, sie wird sicherlich abnehmen, wahr-
hineingefallen wie er. Einzelne andere Samm- scheinlich sogar bald und stark abnehmen,
hingen oder sogenannte Sammlungen, sowie Wenn daher selbst in diesem Jahre dem euro-
manche einzelne Gemälde und Werke der päischen Kunstbesitz nur ein verhältnismässig
Kleinkunst, die in diesem und im vorigen unbedeutender Schaden zugefügt worden ist,
Jahre an Amerikaner verkauft worden sind, so dürfen wir mit grosser Wahrscheinlichkeit
sind mehr oder weniger gut und sind auch annehmen, dass auch in Zukunft die amerika-
selten mehr als um das Doppelte ihres wirk- nischen Sammler und Museen keineswegs die
liehen Wertes verkauft worden; aber hervor- Rolle spielen werden, die man ihnen jetzt zu-
ragende Stücke, deren Abgabe an Amerika weist, wenn sie auch gefährliche Konkurrenten
ein wirklicher Verlust für Europa wäre, sind bleiben und dies nach manchen Richtungen
m. W. nur vereinzelt darunter. Was insbeson- noch in verstärktem Masse werden dürften,
dere an grösseren Bildwerken der Renaissance In den Vereinigten Staaten wird die Herr-
(die Antike ziehe ich hier nicht in Betracht; schaff der Trusts und ihrer Leiter, wird der
auf diesem Gebiete sammelt man in Amerika Ueberfluss von Mitteln in einzelnen Händen
schon längere Zeit mit Glück und Verstand) nicht ewig dauern. Eine Krisis im Kunst-
in den letzten Jahren von den Amerikanern handel mit Amerika wird auch dadurch über
erworben wurde, hat nur geringen Kunst- kurz oder lang herbeigeführt werden, dass die
wert; die Werke des Mino, Rossellino u. a., dortigen Sammler modernsten Stils erkennen
die Mrs. Gardner im Frühjahr in der Versteige- lernen, wie sie vielfach mit sogenannten
rung Guidi zu Rom, und die andere Ameri- Meisterwerken angeführt und mit kolossalen
kaner vom Conte Bombicci in Florenz u. a. Preisen hineingelegt worden sind, und dass sie
erstanden haben, sind Arbeiten des so häufig im sich beim Kauf ganzer Sammlungen, die oben-
Handel vorkommenden nüchternen anonymen drein vielfach von Händlern gleich zumZwecke
Gesellen, dem wir den wenig geschmackvollen des Wiederverkaufs angelegt sind, meist
Namen des „Meisters der Marmormadonnen" schlecht stehen, dass man überhaupt Kunst-
gegeben haben. Sie sind um das fünf- bis Sammlungen nicht aus der Erde stampfen,
zehnfache überzahlt worden. sondern nur allmählich und mit Liebe und

Wenn ich das Facit aus dieser Zusammen- Verständnis zusammenbringen kann. Auch

Stellung ziehe, so ergiebt sich, dass in diesen wird man dahinter kommen, dass die enormen

letzten Jahren für vieleMillionen wohl manches Preise, die man in den Zeitungen ausposaunt,

Gute und Treffliche für Amerika erworben in vielen Fällen fingierte waren, weil Käufer

worden ist, aber herzlich weniges, dem wir wie Verkäufer aus Reklamegründen oft ein

wirklich nachweinen müssten. Denn von den Interesse an solchen Uebertreibungen haben,

meisten Gattungen des Kunstgewerbes kann da sie dem einen neue Angebote von allen Seiten

Europa ohne Schaden den Amerikanern die verschaffen, dem andern die Preise bei späteren

Zusammenbringung selbst grosser und ansehn- Verkäufen treiben helfen,

licher Sammlungen neidlos gestatten; ob von Ein Vorteil, den die Museen und ernsthaften

Urbiner Majoliken, von Emails der Limousin Sammler in Europa auch unter den jetzigen

und Reymond, von deutschem Steingut, von Verhältnissen vor den gefürchteten Ameri-

koptischen Stoffen u. s. f. einige tausend Stücke kanern und ihren Helfershelfern voraus haben

mehr oder weniger bei uns bleiben, ist wirklich und wohl auch für Jahre noch voraus haben

ziemlich gleichgültig. Anders steht es für die werden, liegt vor allem in der genaueren

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