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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Heilbut, Emil: Die Eröffnung des neuen Gebäudes der Berliner Akademie
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0051

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poetische Stoffe zu wählen. Freilich hat die ber-
liner Akademie ein wenig mehr Beziehungen
als die andern zur Genremalerei, weil eine
ihrer ersten Erscheinungen Chodowiecki war,
jedoch braucht man nur an das, was die ersten
Akademiker, die von Bologna, malten, zu
denken, um zu wissen, dass die Vorgänger
unserer Akademie gegen die Genremalerei in
der entschiedensten Weise opponiert haben.

Und dann hat die Akademie als Schmuck
für ihre Front sich eine Gruppe bestellt: „Pro-
metheus als Schirmherrn der bildenden Künste"
— und muss man nicht sagen, dass der Ge-
danke des Prometheus ein antiakademischer ist?

Man könnte ja den Gedanken des Prome-
theus auch nüchterner deuten. Man könnte ja
die Ansicht entgegenhalten, dass die Gruppe
nichts anderes als die Legende ohne Neben-
sinn erzählen sollte. Man wird selbst der Mei-
nung Ausdruck geben dürfen, Prometheus, der
gegen die Tradition im Zeitalter der Griechen
verstiess, sei ein Revolutionär vor einer so
langen Zeit gewesen, dass er heute durch das
lang Zurückliegende seines Vorgehens und seine
Zugehörigkeit zum Griechentum durchaus ehr-
würdig geworden sei. Dennoch besagt die

Vorstellung des Prometheus, dass wir uns unse-
rer menschlichen Ideen nicht schämen sollen,
dass wir sie uns nicht unterdrücken lassen sollen,
dass wir selbst in Schmerzen bei ihnen beharren
wollen. Die Vorstellung des Prometheus ent-
spricht dem Urbild des Künstlers — aber zu-
gleich sagen wir, dass die Akademiker nicht
der Vorstellung vom Prometheus entsprechen,
dass auf ihre Weise vielmehr nur die Worte
Fleiss und Pflichtgefühl zutreffen, jene Attri-
bute, welche in seiner Rede Anton v. Werner
den Künstlern gab und von denen nur der
Fleiss auf die eigentlichen Künstler Anwen-
dung findet. Der Fleiss ist für den echten
Künstler etwas Selbstverständliches; er be-
deutet in der Unbcdingtheit seiner Hingabe
einen der Beweise für das Vorhandensein von
Genius. Das Pflichtgefühl ist hingegen etwas,
was allein den Akademikern gehört. Die
Künstler schaffen, wie es vom Walther von
Stolzing so schön und einsichtig heisst:

Nun sang er, wie er musst'!

und die Akademiker malen, wie es der Direk-
tor richtig ausdrückte, aus Pflichtgefühl.

H.

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