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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Heilbut, Emil: Die Schwarz-Weiß-Ausstellung der Berliner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0091

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PAUL BAUM, DORFLANDSCHAFT (PASTELL)

Es giebt für ihn nur ein Mittel, seine Zeich-
nung aus dem Grau des flauen nicht Vor-
und nicht Zurückgehens zu retten: der weisse
Fleck. Er wendet dieses Kunstmittel an und
lediglich durch das Freihalten eines Teils seiner
Zeichnung von allen schraffierten Strichen er-
zielt er einen einigermassen malerischen Gegen-
satz von Hell und Dunkel auf seinem Blatte.
Wie er nun den Baumstamm nicht be-
herrscht und ihn in die Gesamterscheinung des
Naturbildes nicht richtig einordnen kann,
fast ebenso wenig kann er die menschlichen
Formen bewältigen. Man muss sich nicht
durch die scheinbare Sicherheit seiner Kennt-
nis auf diesem Gebiet zum Irrtum bringen
lassen. Seine Aktstudien sind, wie seine Stu-
dien aus der Natur, aus einzelnen Teilen zu-
sammengesetzt. Es fehlt ihnen die Zeichnung
von innen heraus. Auch kommen Zcichenfehlcr
trotz des geschickten Zeichnens vor. Auf
einem seiner Akte in einem noch dazu sehr

durchgeführten Blatte mit drei Figuren, eine
antike Scene darstellend, ist ein Oberkörper
viel zu lang. Mit einem solchen Fehler bei
Greiner ist es aber nicht bestellt wie mit ge-
wissen Proportionsfehlern, die wir in den
Zeichnungen einiger grossen Künstler finden.
Bei diesen grossen Künstlern waren solche
Fehler in der Proportion aus einer mystischen
Versenktheit in die Schönheit des einzelnen
Teils hervorgegangen. Diese liess den grossen
Künstler vergessen, bei dem einzelnen Teile
auch das Verhältnis zu den anderen Teilen zu
berücksichtigen. Bei Grcincr gehen derartige
Proportionsfehler hingegen aus der Unsicher-
heit, aus dem Nichtbeherrschcn des vor ihm
befindlichen Menschenmaterials hervor.

Zu loben sind von dem Künstler rlcissigc,
geduldige Arbeiten, wie die Gesichtsstudie
einer spiessbürgerlichen Frau. Wenn man an
einen alten Namen anknüpfen will, kann man
an Balthasar Denner denken. Dann sieht man,

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