iaeit eigentlich nichts aus ihm hervorgeht und
deshalb nichts in seinen Strom zurückfliesst.
Keine einzige Form oder Linie hier ist an-
geregt durch die Formen und Linien, die dem
neunzehnten Jahrhundert eigen sind, durch
die Formen und Linien, die das Eisengewerbe,
die Elektrotechnik, die Mechanik, die Statik
täglich in solcher Fülle immer wunderbarer
und mannigfaltiger neu schaffen und in alle
Gassen und Häuser tragen. Das Linienspiel
und der Formenrhythmus der ausgestellten Ge-
fässe, Stoffe, Beleuchtungskörper stammt noch
von den griechischen Vasentüpfern, vom Par-
thenon, von Botticelli, von Wedgwood und
Chippendale.
Kein einziges von den Materialien, die das
neunzehnte Jahrhundert neu entdeckt hat,
ist verarbeitet. Man sieht hier Silber und
Glas, Pergament und Gold und Elfenbein,
Emaille und Eisen, Linnen und Seide. Aber
wenn man daneben Nickel, Celluloi'd, Lino-
leum, Guttapercha nennt, so genügen die
PLATTE EINES SCHACHTISCHES VON SLEIGH
Namen, um zu belegen, dass auch das eng-
lische Kunstgewerbe nichts getan hat, um
diese neuen Stoffe zu veredeln, wie Chippen-
dale das Mahagoni, oder wie die Japaner den
auch nicht schöneren, feineren Lack.
Und schliesslich ist auch keine einzige von
den neuen Maschinen und Techniken benutzt.
Die meiste Arbeit hier ist Handarbeit. Das
Uebrige sind alte Verfahren. Den neuen Kräften
und Maschinen Kunst abzugewinnen, ist nicht
versucht. Es ist, als ob die griechischen Kunst-
töpfer die Töpferscheibe den Bauern über-
lassen hätten, oder wie wenn die Drucker-
presse keinen Radtolt und keinen Jenson
gefunden hätte.
Die Formen, die Materialien, die Technik
des englischen Kunstgewerbes sind also ein
alter Schatz; und die Handwerker verbrauchen
ihn mit Geschmack. Aber neues Kapital
kommt nicht hinzu. Das englische Kunst-
handwerk lebt umgekehrt wie seine Vor-
bilder von einer liebenswürdigen und etwas
einfältigenVerschwen-
dung.
Die Gestaltungs-
kraft scheint ihm zu
fehlen, d. h. die Gabe,
Wirklichkeit undSinn-
lichkeit zu einer künst-
lerischen Konzeption
zusammen zu fass en.
Deshalb spielt die Sinn-
lichkeit mit dem Her-
gebrachten, bis es reiz-
los und verbraucht
sein wird. Die Wirk-
lichkeit aber bleibt
draussen.
Sie bleibt draussen
und bleibt hässlich.
Denn die neuen Dinge,
die Gegenstände, die
das neunzehnte Jahr-
hundert neugeschaffen
hat, werden durch die
Beschränkung auf die
alten Formen, Materia-
lien und Arbeitsweisen
3 4
deshalb nichts in seinen Strom zurückfliesst.
Keine einzige Form oder Linie hier ist an-
geregt durch die Formen und Linien, die dem
neunzehnten Jahrhundert eigen sind, durch
die Formen und Linien, die das Eisengewerbe,
die Elektrotechnik, die Mechanik, die Statik
täglich in solcher Fülle immer wunderbarer
und mannigfaltiger neu schaffen und in alle
Gassen und Häuser tragen. Das Linienspiel
und der Formenrhythmus der ausgestellten Ge-
fässe, Stoffe, Beleuchtungskörper stammt noch
von den griechischen Vasentüpfern, vom Par-
thenon, von Botticelli, von Wedgwood und
Chippendale.
Kein einziges von den Materialien, die das
neunzehnte Jahrhundert neu entdeckt hat,
ist verarbeitet. Man sieht hier Silber und
Glas, Pergament und Gold und Elfenbein,
Emaille und Eisen, Linnen und Seide. Aber
wenn man daneben Nickel, Celluloi'd, Lino-
leum, Guttapercha nennt, so genügen die
PLATTE EINES SCHACHTISCHES VON SLEIGH
Namen, um zu belegen, dass auch das eng-
lische Kunstgewerbe nichts getan hat, um
diese neuen Stoffe zu veredeln, wie Chippen-
dale das Mahagoni, oder wie die Japaner den
auch nicht schöneren, feineren Lack.
Und schliesslich ist auch keine einzige von
den neuen Maschinen und Techniken benutzt.
Die meiste Arbeit hier ist Handarbeit. Das
Uebrige sind alte Verfahren. Den neuen Kräften
und Maschinen Kunst abzugewinnen, ist nicht
versucht. Es ist, als ob die griechischen Kunst-
töpfer die Töpferscheibe den Bauern über-
lassen hätten, oder wie wenn die Drucker-
presse keinen Radtolt und keinen Jenson
gefunden hätte.
Die Formen, die Materialien, die Technik
des englischen Kunstgewerbes sind also ein
alter Schatz; und die Handwerker verbrauchen
ihn mit Geschmack. Aber neues Kapital
kommt nicht hinzu. Das englische Kunst-
handwerk lebt umgekehrt wie seine Vor-
bilder von einer liebenswürdigen und etwas
einfältigenVerschwen-
dung.
Die Gestaltungs-
kraft scheint ihm zu
fehlen, d. h. die Gabe,
Wirklichkeit undSinn-
lichkeit zu einer künst-
lerischen Konzeption
zusammen zu fass en.
Deshalb spielt die Sinn-
lichkeit mit dem Her-
gebrachten, bis es reiz-
los und verbraucht
sein wird. Die Wirk-
lichkeit aber bleibt
draussen.
Sie bleibt draussen
und bleibt hässlich.
Denn die neuen Dinge,
die Gegenstände, die
das neunzehnte Jahr-
hundert neugeschaffen
hat, werden durch die
Beschränkung auf die
alten Formen, Materia-
lien und Arbeitsweisen
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