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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Delacroix, Eugène: Aus dem Tagebuche, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0349

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alle die falschen Begriffe und Urteile, die aufs Bild sein und zugleich ein Mittel, es heraus-

Geratewohl und mit Voreingenommenheit zuholen.

gefällt sind. Ich glaube fest, dass jeder Mensch, Boucher und Vanloo. Ihre Schule; die

der eine anständige Erziehung genossen hat, Manier und Mangel jedes Studiums und jeder

geziemend über ein Buch sprechen kann, aber Natürlichkeit. Bemerkenswertes technisches

durchaus nicht über ein Werk der Malerei Verfahren. Reste der Tradition,

oder der Plastik. Watteau. Sehr verachtet unter David und

& später wieder zu Ehren gekommen. Wunder-
volle Ausführung. Seine Phantasie hält nicht

Auszug aus einem philosophischen Wörterbuch Stand gegen die der Vlamen. Gegen Ostade,

der schönen Künste. van de Velde u. s. w. ist er nur noch theatra-

Freskomalerei. Man rechnet den Meistern, lisch. Er versteht es, ein Bild in der Farbe

die in der Freskomalerei Hervorragendes ge- zusammenzuhalten.

leistet haben, die Kühnheit, mit der sie alles Licht, höchstes Licht, oder Glanzlicht,

auf den ersten Wurf ausführten, zu hohem Warum findet sich der wahre Ton des Gegen-

Ruhme an; aber fast alle Fresken sind mit Standes immer neben dem Glanzlicht? Weil

Wasserfarbe retouchiert. dieses nur auf den Partien entsteht, die voll

Grazie, Contur. Muss, dem allgemeinen vom Lichte getroffen werden, und die nicht

Brauch entgegen, zuletzt kommen. Nur ein vom Lichte abgehen. In einem gerundeten

sehr geübter Mann kann ihn richtig machen. Teil ist es anders: Da geht alles vom Licht ab.

Pinsel. Gewandter Pinsel. Reynolds sagte, Reflexe. Jeder Reflex spielt ins Grüne,

dass der Maler mit dem Pinsel zeichnen müsse. Jede Schattengrenze ins Violette.

Schatten. Es giebt eigentlich gar keine Distanz. Um die Gegenstände zurückzu-
Schatten; es giebt nur Reflexe. Wichtigkeit bringen, macht man sie gewöhnlich grauer,
der Begrenzung der Schatten. Sie sind immer Der Farbenauftrag macht es. Auch platte Töne,
zu stark. Je jünger die Person ist, desto leichter Pferd, Tiere. Man darf nicht die Art der
sind die Schatten. Naturforscher, zu zeichnen, in die Kunst ein-
Technik. Kann man einem nur mit der führen, besonders nicht in die grosse Malerei
Palette in der Hand zeigen. Wie wenig Auf- und in die grosse Plastik. Gericault zu gelehrt;
klärung findet man darüber in den Büchern. Rubens und Gros besser; Barye kleinlich in

Pflege des schlechten Technischen in den seinen Löwen. Die Antike ist hier wie im

schlechten Schulen. Bedeutung der wahren übrigen das Vorbild.

Technik für die Vollendung der Werke. Bei &
den grössten Meistern ist sie am vollendetsten;

Rubens, Tizian, Veronese, die Holländer; ihre Die Schärfe des Auges, die Sicherheit der
besondere Sorgfalt; geriebene Farben, Grün- Hand, die Kunst, ein Bild von der Unter-
dierungen, Trocknenlassen der verschiedenen malung bis zur letzten Vollendung zu führen,
Schichten. Diese Tradition ist den Modernen und so viele andre Dinge, alle von der gröss-
vollständig verloren gegangen. ten Wichtigkeit, verlangen, dass man ihnen

Schlechte Erzeugnisse, nachlässige Grün- jeden Augenblick widme. Es giebt wenig

dierungen, schlechte Leinewand, Pinsel, ab- Künstler, und ich spreche von denen, die diesen

scheuliche Oele. Namen wirklich verdienen, die nicht in der

David hat diese Nachlässigkeit eingeführt, Mitte oder am Ende ihrer Laufbahn bemerken,

indem er that, als ob er die materiellen Mittel dass ihnen die Zeit fehlt, das, was sie nicht

verachte. wissen, oder was man ihnen falsch oder un-

Der Firnis sollte eine Art Kürass für das vollständig beigebracht hatte, zu erlernen.

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