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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 6
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Bühnenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0263

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keit eines Darstellungstils der Tragödie, der nicht
mehr dem Amüsement müder Grossstädter dient,
sondern eine Kultform ist; zu einer Entwickelung,
die die grosse Tragödie vom Schauspiel, den
höheren Theaterstil von der verfeinerten Variete-
kunst zu trennen weiss. In jeder Epoche werden
die Werke der grossen Dramatiker neu entdeckt
und im Zeitgeschmack dargestellt. Die heutige
Darstellungsidee zielt letzten Endes auf eine voll-
kommene Transfiguration der zeitlichen drama-
tischen Idee in ein Gebilde aus Raum- und Licht-
werten. Gelingt es, eine Konvention in diesem

Sinne zu bilden, so wird auch ein Massstab
gegeben sein, der die Dichtwerke ohne weiteres
kritisiert. Dramen von Shakespeare, Schiller,
Kleist, Hebbel und Ibsen fordern einen Stil des
architektonisch gegliederten Raumes, des malerisch
verklärenden Lichts; Produkte niederen Grades
aber werden der bedeutenden szenischen Form
stets grotesk erliegen, wie der unzufriedene
Schuster im arabischen Märchen den äusseren
Zeichen der Königswürde unrühmlich erlag.
Dem Schuster ist eben nur der Platz vor seinen
Leisten gemäss.

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