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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 8
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Veth, Cornelis: Wilhelm Busch
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0324

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Weisheit, der tugendhaftesten Spiessbürgerlichkeit
werden dazu benutzt, um entweder dem grössten
Unsinn, der lächerlichsten Einfältigkeit, der un-
geheuren Beschränktheit, dem kecksten Skeptizis-
mus, oder dem profansten Cynismus Ausdruck

zu geben. Mehr als an alle drolligen Figuren, als an
den possierlichen Vorgang, mehr als an den erstaun-
lich pessimistischen Sarkasmus dieser Weltanschau-
ung denkt man immerfort an die unglaublich lächer-
liche Persönlichkeit, die moralisiert, philosophiert,
demonstriert, analysiert. Ja, über diesen dämlichen
Patriarchen, naseweisen Schulmeister, läppischen
Philister, über diesen tödlich-ernsten Thoren und
seine präzisen Beschreibungen, masslosen Uber-
treibungen, seine klügelnde Exegese und gewichtige
Moral haben wir am Ende doch am meisten ge-
lacht.

„So spricht der Weise, grau von Haar,
Emst, viürdig, sachgemäss und klar."
Braucht es gesagt zu werden, dass es diesem
unverbesserlichen Menschen mit der Besserung der
Menschen niemals ernst gewesen ist, dass dieser

Bilderstürmer keinen neuen Glauben predigt? Seine
Satire ist durchaus tendenzlos.

Eine fürchterliche Persiflage des vergänglichen
Daseins: das ist der eigentliche Inhalt der Werke
von Wilhelm Busch. Es folgen die Ereignisse
logisch aufeinander, es wird jedes nächste Ereignis
mit prächtiger Sorgfalt vorbereitet (wobei uns das
Umschlagen der Seiten trotzdem immer neue Über-
raschungen bietet), der Anfang jeder Geschichte ist
einfach und klar, der Schluss zusammenfassend,
abschliessend, und der Vorgang hat bei allem Un-
sinnigen, Übertriebenen, Possenhaften immer jenes
gewisse Etwas, wodurch der Leser unbedingt ge-
reizt wird.

Und das ist das Dramatische in diesen Possen.
Es reissen uns diese Dramen so sehr hin, weil sie
so verblüffend echt sind. Aber sie machen uns dann

auch wieder nicht traurig, weil sie so prächtig un-
wahrscheinlich, weil es eben doch Possen sind.

We nachdrücklich werden doch die Kata-
strophen vom Dichter und Zeichner vorbereitet, mit
wieviel Sicherheit von uns vorausgesehen! Aber mit
wieviel schmerzlichem Erstaunen werden die den

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