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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 9
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Berliner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0385

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fall" oder „Ahornröte", die Zeit der Kirschblüten
oder ein Tempelfest in Uji getanzt wird, und die
lyrischen Empfindungen eines schönheitstrunkenen
Japaners noch dazu, das Ganze ist, zumal in der
unmittelbaren Nähe eines fackelbeleuchteten Parkes
voller blütenübersäter Kirschbäume, ein entzückend
poetischer Traum.

Das Volk selbst freilich durchbricht an den
Matsuri-Tagen, den Tempelfesten, oft die Schran-
ken der von japanischen Castigliones diktierten
und auch von Geishas geübten massvollen Bewe-
gung. Wenn im Sommer an den Gion-Festen die
schweren Götterladen in feierlicher Prozession von

hunderten von jungen Leuten, die mit nicht viel
mehr als Hemd und weissen Schläfenbinden
angethan sind, durch die Strassen Kyotos ge-
tragen werden, wenn beim rhythmischen „joissa
joissa" Schreien der auf den leichten Schultern
schwankende Götterschrein, der die Erde nicht be-
rühren darf, freudespendend in sanften Wellen-
bewegungen weiter und weiter gleitet, packt
eine seltsame Erregung auch den Zuschauer,
und er versteht den Rausch dieser in wildem
Rhythmus dahinstürmenden Prozession: Dionysos
zieht triumphierend durch eine kunstgebändigte
Stadt.

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