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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 12
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Weizsäcker, Heinrich: Frankfurter Kunst im neunzehnten Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0502

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Palette die farbige Behandlung des Bildes aller-
dings stark erinnert.

Louis Eysen hatte, ehe er in der Malerei seinen
wahren Beruf erkannte, die Holzschneidekunst be-
trieben ; erst bei Gelegenheit des oben erwähnten
Studienaufenthaltes in Paris fasste er, auf Schreyers
Anraten, den Entschluss, zu dem neuen Fache über-
zugehen, und unter Scholderers Anleitung, später
in Bonnats Atelier, wurde der Grund zu seiner
ferneren Ausbildung gelegt. Auch mit Leibi, der
damals in Paris weilte, kam er vorübergehend in
Berührung. Noch vor dem Kriege Hess sich dann
der Künstler in Frankfurt und später in Cronberg
nieder, bis ihn Gesundheitsrücksichten zwangen,
seinen Wohnsitz nachMeran zu verlegen. In Frank-
furt hat er in der letzten Zeit, die er dort zubrachte,
noch die Niederlassung von Thoma mit erlebt, auf
den er grosse Stücke hielt und dessen Persönlich-
keit auch seinem eigenen künstlerischen Naturell

in hohem Masse entsprach, An Thoma erinnert er
vornehmlich durch die bezeichnenden Züge einer
Meisterschaft, die sich dem Beschauer nicht auf-
drängt, sondern die sich suchen lassen will. Der
solide Besitz an Technik, den Eysen von Paris mit-
brachte, hat im übrigen nur zur Reife gebracht,
was in ihm war; so ist er auch niemandes Nach-
ahmer geworden. Was er hat, hat er im wesent-
lichen aus sich selbst. In seinen Landschaften,
seinen Stilleben, wie in den prachtvollen lebens-
grossen Studienköpfen, wozu er sich die Mo-
delle unter den Bauern der Meraner Gegend aus-
suchte, und wo immer er sonst seine fleissige Hand
angelegt haben mag, überall tritt uns der nie er-
müdende Trieb dieses Wirkens aus eigener Kraft
entgegen: ein Auge, das durch kein Medium einer
äusserlichen Gewohnheit oder Erziehung geblendet
ist, ein zart empfindender und gerader Sinn: kurz
ein ganzer Künstler, an dem kein Falsch ist.

WILHELM VON L1NDENSCHMIT JUN., STUDIENKÖPFE (photogr. bruckmann)

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