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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1844 (Nr. 81-132)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1491#0008
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rm Fluge zu besuchen. Abec wie unangenehm fühlte ich mich betrof-
feni ich glauble noch alleS in derselben unangetastet, glaubte noch ai-
leS zu finden, was mich bei dem letzten Befuche mit Bewunderung er-
füllt hatte, ais ich mit Erstaunen die tcaurigen Resultake «iaer falschen
Verschöncrungssucht, die bei der Vornahme der nöthigen Reparakuren
gewaltrt hatte, wahrnahm.

Dchon bei mei'nem Eintritl in dcn die Airche umschließenden Kicch-
hof fand ich einen neuen Weg, eine Acr von Hausteinbahn, die zu
meinem Erstaunen aus den Ehrfurcht gebietenden Epicaphien der Kirche
zusammsngesetzt war. Diese Grabtafeln, ein sprrchender Beweis der
frühern Bedeulenheit Oberwesels, waren ihrer ursprünglichen Stelle in
der Kirchr entrissen und dienten nun, das Karrenschieben zu erleich-
tern, um einer hausflurartigen Vecplattung Platz zu machen. Vor
dem Eintritt in die Kicche suchte ich vergebenS nach der alten Thür
im Haupteingange, die mich kurz vorher noch sv sehr gefesselt gehalken
hatte. Die früheren Thürflügel, welche wohl die schönsten Ueberbleibsel
dieser Art in unserm Rheinlande sein mochtcn und von jedem Kunst-
kenner als eine Merkwürdigkeit verehrt und aneckannt «erden mußten,
waren, wahrscheinlich aus Mangel an Erkenntniß ihres WertheS, auS-
gehoben und durch neue ersetzr worden, welche nicht allein von den
ursprünglichen ganz abweichen, svndern auch ganz und gar nichk den
Charakter des Stpl« an flch lragen. Die lichte Weite der Thüröff-
nung beträgt ungefahr 11 Fuß und wird durch einen 1'/, Fuß breiten
Pfeiler getheflt. Die Höhe mag wohl 22 Fuß betragen- Die alten
Thürflügel gingen nicht im Ganzen bis an den Thürsiurz durch, son-
dern theilten sich in der Mitte in zwei Theile. Der obere Theil war
mit sechS ncben einander stehenden Figucen untec Baldachinen reich br-
malt, der untere Theil bestand auS zusammengefügten glatten Tafeln,
wclche auf jedem Flügel durch drei große eiserne Bänder zusammen-
gehalten und verziert waren. Jn der Mitlr waren diese Bänder durch
Scharniere in zwci Theile getheilt, um den untern Theil der Thür-
flügel !n zwci Hälften aufmachen zu können. Dic Bänder waren reich
und fchön gearbeitet und gaben den Thürflügeln, welche sie größten-
theils mit ihren Aesten und Blättern überzogcn, ein ernstes und reiches
Aussehen; sie konnten alS Kunstproduct des SchloffergewerkeS gelten.

Dies alles ist nun verschwunden *). Thürflügel, welche man mit
Stäben und Hohlkehlen kleinli'ch verzi'ert hat und die eher den Cha-
raktcr eincS Blendfensters an sich ttagen, als den eines Thores, sollen
es fortan ersetzen. Hakte auch der Iahn der Aeit an der alten Thür
grnagt, so daß vielleicht eine neue nöthig war, warum hat man das
schöne Vorbild nicht nachgebildet, da doch die Kosten so ziemlich gleich
geblieben wären? Die Bemaluug war noch wohl erkennbar, und das
Eisenbeschläge konnte füglich wieder benutzt oder doch neu hergestellt
werden.

Das Znnere der Kirch« war durch geschaftige Arbeiter belebt, um
die Reparaturen zu vollendcn. Wirrlich war denn auch der früher
rechts neben dem Hauptchor befindlich gewesene Lettner bereits Lergc-
stalt reparirt, daß ich ihn gar nicht mehc wiederfand. Die gothisch
durchbrochene Wand, die ihn abschloß, so wie dic Chorstühle waren vec-
schwunden oder lagen nebst vielen anderen Ueberbleibseln als Bruch-
stücke vor dec Thür aufgehäuft.

Glücklicher Weise entdeckte ich noch die schöne in Stein gehauene
Grablegung, die als eine wahre Blume der Äildhauerkunst da steht.
Dieselbe ist von einem zierlich durchbrochenen Sleingehäuse umgeben
und zeichnet sich besonders durch die Compofltion und edle Hattung
der Figuren aus. — Hr. L., der eine Zeit lang nachher di« Kirche
ebenfalls bcsuchte, will dies schöne und höchst werthvolle Kunstwerk
nicht mchr gefunden haben; doch ich scheue mich, daran zu denken, daß
es wirklich auch der „Reparatur" geopfert sein sollte.

Jch fühle mich um so mehr aufgesordert, die vsrstehcnden Nokizen
zu veröffentlichen, als es vielleichl nock möglich ist, manchen Schaden
wieder gut zu machen und manchcs Weggebrachte oder dem Untergange
Geweihte wieder an seine frühere Slelle zu setzen **). W. H.

Sau»Notisen.

Kirchen von Köln und Umgegend.

Bon Kreuser. ^

Eben mik Auszügen aus alten Weckm beschäftigt, stoße ich auf das
Werk des Minoritenbruders Peter Merffäus (kieotorum Looiesiasti-
vorum, »4 est, 6olollioomum otc. Oalslo^us. Oolulliue, 1580), in wel-
chem eine Menge Kirchengründungen besprochen werden. Es wird hof-
fentlich den Freunden der Baukunst und Geschichte nicht unangenehm
sein, wenn ich die Nachrichten des VerfafferS durch das „Domblatt"

») So sind auch an der Pfarrkirche z« Boppard bei Gelegenheit
der jüngst mit derselben hauptsächlich mittelS gelber Lönche und Oel-
farbe vorgeoommeuen Restauration die ursprunglichen, !m Style dcr
Kirche (dem romanisch-byzantinischen) gehaltenen und gleichfaÜS mit
sehr charakteristischen Eisenbeschlägen verziert gewesencn Thore durch
moderu-gothische erseßt worden.

Eine geuaue Zeichnung der Thörbeschlage, welche der Schreiber obi-
gea Artikels ftuher wegen deS besondera Jatereffes, das sie ihm zn
haben schienen, sertigte, kaau erforderlichm FalleS durch daS Secreta-
riat de- Leuttal'BereinS mitgethM werden.

noch einmal veröffenkliche, indem ich ganz dem Gange des Verfaffcrs
folge *).

Seite 2. Maternus (starb gegen 134) baute die Makthias-Capelle
vor dem Paffenthore cport.-» olericorum), und dei Bonn wcihte er die
St. Johannskirche, später ein edles Fräuleinstift. (Weßhalb die Mat-
thias-Capellc, jetzt das Haus des Hrn. Martin, Marzcllenstcaßc, vor
der Stadt lag, darübcr s. Aldenbrück oder Brcwer). Der Srab des h.
Maternus wurde zwischen Trier und Köln getheilt.

S. 4, 5. Dis Kaiserin Helena baute zu Köln die Gereonskicche, wc-
gen ihrer Prachl zu den goldenen Märtyrern genannt, und eben-
falls die Stifter von Bonn und Tanten.

S. 6, 7. Severinus, ein Zeitgenoffe das Marrtn von Tours, baute
zu Äoln die Kirche der hh. Cornelius und Cyprianus und gründetc
dabei daS Severinsstift. Auch die Kirche der h. Columba, die jüngst
den Märtyrerlod bestanden hatte, weihke er ein. Er ward (S. 8) in
seiner Kirche (jetzt SeverinSkirche) begraben.

S. 10. Die Bürger von Köln gründcn das Stift der Urfulinerin-
nen (an der Ursuiakirche), daS, später zerstört, von Cromat wirder auf-
gebaut wurde.

S. 11, 12. Auf dec Stclle, wo daS Machabäerkloster stand, sind
viele Märtyrer und Gefährten der Ursula gefallcn. (Köpfe und Gebeine
fand Är. Weyer nsch bei seinem Baue 1843.) Auf dieser Stelle ward
eine Mari'a-Magdalenen-Capelle erbaut, später aber, nachdem Reinold
1154 die Leiber der hh. drei Könige und Machaba'cr nach Köln ge-
bracht, gründete Philipp von Heinsberg 1189 daS Machabäerstift (Be-
nedictinerinnen) auf der Stclle der Maria-Magdalencn-Capelle.

S. 16. Cunibertus, um 622 Bischof geworden, gründete außer-
halb der Stadt die Kirche des h. Clemens (jetzige Cuniberlskirche)
nebst Stist.

S. 17. Zuc Ziit d-s Eczbischofs Sigwin, 1089, gerielh das Kloster
Margrieten (>l»ris s,l 6r-»sus) und ebenfalls drr östliche Theil des an
Margrleten stoßenden alten Domes in Ärand.

S. 18. Um 690 wurde zu Neuß das Stift regelmäßiger Chorherren
gegründet, wo ftüher ein Bachustempcl gcstanden hatte, und 691 weihte
Abclwin von Köln die Kirche ein auf den Namen der Maria-Magda-
lena. Unter den Normannen wurde fle (S. 19) zerstört.

S. 19. Giso bestieg im Zahre 694 den kölnischen Bischofsstuhl.
Untec ihm lebten Suibertus, Willibrordus und Genoffen, die Bekeh-
rer Deutschlands. Der Bau der Pauluskirche (jetzigen Domej) zu
Münster fällt in diese Zeik (S. 20), fecnec Kaiserswerth (S. 22)
nebst Kirche, die durch Pipin durch eine noch in ihren Ueberbleibsela
bemeckenswerthe Burg geschützt wurde.

S. 23. Um dieselbe Zeit wurde auch das Klostec zu Malmcdy ge,
gründet, aus welchem der h. Agilolphus, Fceund des h. Bonifaciüs
Bischof von Köln, im I. 728 hervorging. Er wurde späler vom Erz-
bifchof Anno in Margrieten begraben.

S. 26. Jm Zahre 804 (?) starb der Bischof und Kanzker Hilde-
bert und wurde in St. Gereon bei den goldenen Märkyrern begraben.

S. 27. Hildebold, auch Alberich genrnnt, krönt den Sohn des grs-
ßen Kari, Ludwi'g den Frommen, und erbaut das alte Pckersmünster
an derselben Stelle, wo jetzt der Dom zu Köln steht. Der frühere
Dom war (S. W) die jetzige Eäci lien kirche, die aber damals Eu-
grnienkirche hieß. Auch Hildebold wurde bei den goldeaen Märtyrern
in St. Gereon begraben.

S. 28. Untec Hildebold's Nachfolger Hattebald oder Hagebald wurde
das von Karl dem Großen begonnene Kloster Eorncli-Müaster bei
Aachen vollendet.

S. 29- Plectrudis, die Gemahlin Pipin's, bautc in Köln zu Ehre»
der JungftaU Maria unter Bcistand ihrcc Nichke Noitberga daS Fräu-
leinstist, odcr vielmehr verwandelte den Palast der Herzoge von KölN
und Lothringen in die Kirche, dic jetzt St. Märgen heißt.

S. 29, 30. Nach Hattebold wurde Günthcr erwählt. Unter ihm bsU-
ten EberharL, Gcaf von Eleve, und Bertha, seine Gattin, nebst Söh-
nen daS Klostec in Wischel, und in Neuß em Nonnenkkoster. Dft
Acbtissin Giepa brachte von Rom das Haupt des h. Quirinus mit,
der Stadtpatron in Neuß ward.

(Fvrtsetzung folgt.)

*) Daß Mrrffäus ein Schriftsieller ist, dcn man einem Mabillon, Mont»

faucon und ähnlichen Gcistern an die Seite setzen kann, wiffe» Keo-
ner und werden in dieser leidenschastlichen Zeit ihn uicht einmal er-
warten. Borzüglich ist cr in der Angabe der Zeit höchst verwonen
nnd nngenau, nach der Weise vieler mönchischen Schriftsteller. Ja,
mit fich selbst ist er zllweiken in Widerstreit, und da mochte, wie mir
scheint, der fchlerhaste Druck eher die Schuld ttagen, -lS der Ge-
schichtschreiber selbst. Die jetzige Kritik war zar Zeit des Schnftstel-
lerS noch eia ungeborrves Kind ttotz Erasmus uod Geuoffcn; daß
uuser MerffäuS aber in Angabe der Banlichkeiten ganz glaubwurdig
ist, wird Keiner beßreitea koane«. «r-

Verantwortlicher Heransgeber i Jos. DuMont.

Druck und Commissions-Berlag des Derlcgers der Kölnffchen Ieittmg,
M. DuMont-Schauberg.
 
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