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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1844 (Nr. 81-132)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1491#0036
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Die Kirche zu Siuziq hat 5 Thürme oder Thürmchen, die zu Neuß
gegenwärtig 2, ftüher 6, die Kirche zu Werdeo, die nie vollendet wor-
den, 2, und zwar wie in Neuß einm über der Kuppel und einen am
Hauptportale, die Kicche zu Neuß einen rund abschließenden Chor, di« zu
Werden und Sinzig sind achteckig, nämlich fünf Ecken liegen nach
außen, und drei sind nach innen hinzu zu denken. Die Kirche zu Wer-
den ist, mik Ausnahme des Thurmes, aus unbehauenen Bruchsteinen,
die Kirchen zu Neuß und Sinzig durchweg, mit Ausnahme der Sockel
und einiger sonstigen Verzierungen, aus Tufstein und lehkere glücklicher
Weise aus cinem bessern Korn. Nicht alle rheinischen Kirchen sind bei
der Wahl dieses MaterialS glücklich gewesen. Dec Tufstein ist schon an
und für sich eine sehr bröckelige Substanz, die, der Witterung ausge-
setzt, in fich selbst verstirbt, weich wird und zusammenstürzt. Doch gibt
eS Kirchen, die auch mtt diesem Material noch einigen Zahrhunderten
trotzen können, wenn sie nur gehörig unterhalten werden. Die Grau-
wacke gibt der Kirche zu Werden ein etwaS rauhes Ansehen. Es ist
ein Mann mit Blatternarben. Aber die Kirche zu Wcrden wird die
von Neuß und Sinzig überleben. Wiewohl an ihrer brsten Seite ver-
baut, durch daS im Süden sich anlehnende Abteigebäude verdunkelt, ge-
genwärtig ohne Haupteingang, gewährl dieselbe doch in ihrem Jnnern
einen höchst imposanten Anblick.

Die Kirche zu Neuß wurde 1209 begonnen, die zu Werden 1257,
und gewiß im Anfange dieses Jahrhunderts die Kirche zu Sinzig. Bei
der Kirche zu Werden, die nach dem Datum ihrer Gründung der Bau-
periode der letzten Halfte des 13. ZahrhundertS, ihrem Systcme und
Style nach dem Anfange desselben angehört, findet jener Fall Stalt,
der flch so oft im Leben wiederholt, daß überall eine strenge Gränze
zu zirhen unmöglich, und daß man, wie geqenwärtig, auch schon da-
mals sich nicht immer durchaus an dem hielt, was Silte und Ge-
wohnheit mit stch brachte, sondern zuweilen auch Rückgriffe machte und
von dem Vorhandenen nahm, waS am besten und zweckmäßigsten schien.
So verftrhr man auch bei der Gründung von St. Cunibert in Köln,
welche Kirche, wiewvhk, wenn nicht später alS der Dom, wenigstens gleich-
zeitig begonnen, sich dennoch einer frühern Bauperiode anschloß,

(Forts. folgt.)

Gt'fener Sriet an Herrn Nrot'effor v. Haftler in Ulm.

Lon Kreuser.

(Fortsetzung. S. Nr. 85 d. Bl.)

HLchst interessant, mein Verehrtester, find die Aufschlüsse, die Sie
über daS uracher Lhal geben, wvher das steinarme Ulm seine Steine
zum Münsterbaue herholte. Allerdings machen Sie die Sache begreif-
lich, da die Fuhren meist unentgcltlich oder beinahe sogut als un-
rntgeltlich waren; allein, füge ich traurig hinzu, wo ist dieser Geist, und
könnte er nicht zurückbeschworen werden? Rührend ist überhaupt Zhre
Beschreibung öber die Förderung Jhres ehrwürdigen Münsters. Zch
kann mir nicht versagen, diese Stelle (S. 11) auszuschreiben, da fie
das einfache Mittelalter im Gegensatze zu unserer Zeit so beredt schil-
dert. AlS das Münster zu Ulm gebaut ward, machte man nicht bloß
Stiftungen von größern und kleinern Geldsummen, schenkte Güter
u. s. w-, sondern Jeder brachte auf die Hütte, was er hatte, sogar
Kleidungsstücke, Hausgeräthe und Kleinigkeiten aller Art wurden von
den Pflegern in Empfang genommen und für die Kirche verwerthet.
Da «urde des Bürgermeisters Heinrich Kraft's Mantel um 20 Gul-
den verkauft, ein Bettlrin von der Dunkinin der Steinmetzlin für ein
Pfund Heller, ein Barchentuch von der Zollerin für 2 Gulden 3 Sch.
Heller, der Mantel von der Magd des besagten Heinrich Kraft für 6
Gulden, des MillerS Wammes und Hosen für 6 Schill. 2 Heller,
Heinrich Schribecs Panzer und Goller für 6 Gulden, der Bürger-
meisterin Mantel für 1b Gulden 5 Groschen, ja sogar die gefangenen
Leute (nach jetzigem Ausdrucke Verbrecher, die auf den Tod saßen)
steuerten zum Gvttesbau 4 Schill-, gelöst auS einem Kappenzipfel und
einem Filzhut. Diese Nachrichten sprechen durch sich felbst. So that
die alte Zeit, und meist geheim und verschwiegen gleich der Fcau En-
gel Aähringerin, die das bewundcrnswürdige Tabernakel auf ihre Kosten
stiftete durch geheime Dermittlung des Hans Neidhart. Wie würde
man jetzt in allen Zeitungen sich breit machen, wenn ein ähnliches
Werk zu Stande käme, bei dem das sMtrzliche Andenken unscres
zerstörten kölner Tabernakels erneuerk wir^ Doch fort von solchcn
Betrachtungen!

Mit Recht machen Sie darauf aufmerksam, wie in den alten Bau-
hüttrn Alles fest und klar biS auf daS Einzelste und Kleinste geordnet
war. Dieser Stoff verdiente eine genaue Besprechung, denn unsere
Zeit hat von der Ordnung jener Lage und der festen Gesetzlichkeit in
allen Dingen nicht nur keinen Begriff, sondern meistens nicht einmal
eine Bhnung; allein dieser Gegenstand ist zu umfassend, um mit ein
paar Worten abgemacht zu werden. Wer waren denn die Ordner des
Bauwesens? Die Antwort lautet, und ich muß hier wieder auf meine
später ersch«intnden Beweise mkch stützen: die allgemeinen Lehrer
des christlichen Miktelalters, die Geistlichen und vorzüglich die
Mänche, wtlche alles Bauwesen besorgten und regelten, ehe man an
Städte-Entwickelung, daS damit verbundene Zunftwesen und an eine

Steinmetzen-Brüderschaft auch nur denken darf. Die Gesetze über
Kirchendau, welche seit Constantin feststanden, führten ste, aus Viereck
und Kreuz fußend, in größern und kleinern Maßen nach der symbo-
lischen Ansicht des ChristenthumS aus, und alS die deutsche Steinmetzen-
Brüderschsft und Bauweise im II.Zahrh. fich erhob, warAlleS gesetzlich
bestimmt, aber dennoch der Erfindung innerhalb jener gesetzlichen G"än-
zen mehr Spielraum gelasscn, als Viele sich einbilden. Manche Söhne
des neunzehnten Jahrhunderts reden aber wie Söhne eben unseres
Jahrhunderts, wenn sie von einem Plane deS ersten Baumeisters
redcn, und sich darunter so einen Baumeistec unserer Tage vorstellen,
der in der Beschränktheit dcr Formen des Ziegelbaues geschwinde sei-
nen Plan zusammensetzt. Dagegenj erscheint die vollendete Gestal-
tung eineS Bauplanes zu einem in tausenderlei Constructionsformcn
gegliederten Dome, wie deren das Mittelalter so viele geliefert hat,
eine so unendliche schwierige Aufgabe, daß sie, so viel wic wissen, nie
gelöst ward und auch wohl selten vollständig gelöst werden konnte.
Nur allgemeineGrundzüge der Gesammtanlage mit Rücksichtauf
die Mauermaffen und Verhältnisse konnten in geometrischen Anflchten,
Grundriffen und Durchschnitten gegeben werden, und eS blieb daher
den ausführenden Baumeistern ein unendlicher Spielraum in der For-
mengestaltung, welche, bcstimmten Gesetzen folgend, offenbar von der
Anwendung des Sleinmaterials abhängig blieb. Daher schen wir auch
an den meisten Bauwerkcn des Mittelaltecs, denen doch jedesmal Bau-
pläne zu Grunde lagen, unzählige Verschiedenheiten in Auflösung
dec Constructionsformen, Berhältnisse und Verzierungen. Diese Ver-
schiedenheiten würden aber nichl so oft vorkommen, wäre es möglich
gewesen, vollständige Baupläne mit den unzähligen Einzelheiten anzu-
fertigen. Man bedenke ferner, daß von jedem einzelnen Steine dem
Stiinmctzen genaue Chablonen oder Lehrcn gegeben werden, was doch
nur im Verlaufe des Baues möglich ist. Allein wozu sv viele Worte
über den Plan? Der glücklichc Aufall hat uns noch auf dem Rath-
hause und in der wallraf'schen Sammlung einige denkwürdige
Pergamentblätter auf beiden Seiten mit Visierungen u. dgl. bezeichnet
aus der alten Aeit des Dvmbaues aufbewahrt, wo Zeder sich also
durch den Augenschein selbst belehren und an die bereitwillige Gefäl-
ligkeit unsereS verdienten Stadtsrcretärs Hrn. Fuchs sich wenden kann.
Solche Pläne hielten auch die alten Meister sehr geheim, und übergabe«
fie wahrscheinlich nur ihren Söhnen oder Schwiegcrsohnen, welche den
Bau fortsetzten.

(Fortsetzung folgt.)

Corretponden; - Nachrichten.

Köln, im Februar. Das letzte Heft der in Stuttgart bei Cotta er-
scheinenden „Deukschen Vierteljahrsschrift" meldet in seinen „kurzen No-
tizen" unter der Rubri'k „Kunst" wörtlich Folgendes:

„Die Bollendung des kölner Dombaues stockt aus doppelten
Gründen: es läßt nicht nür die öffentlich« Theilnahme an dieser
wohl etwas zu pomphaft angekündigten und allzu weit aussehen-
den Aufgabe bedeutend nach, sondern die begonnenen Vorarbeite»
stoßen auf unüberwindliche Lrtliche Hindernisse und Schwierigkei-
ten in dem Altbau und für den Neubau."

Wir fteuen unS, der löblichen Redaction der „Deutschen Biertel-
jahrsschrift" die Dersicherung ertheilen zu können, »aß hier in Köln
Niemandem von solchcn unüberwindlichen Hinderniffen etwas bekannt
ist, daß die Arbeiten in den Bauhötten so kräftig als jemals gefördert
werden und daß eudlich, Gott sei Dank, bi'S heran auch keinerlei An-
zeizen von Erkaltung der Theilnahme für das große Unternehmen sich
zcigen, vielmehr noch in der jüngsten Zeit stch ncue HülfSvereine von
Bedeutunq (z. B. in Luxemburg) gedildet und dem Central-Vereine
angeschlossen haben. Der Berichterstatter der „Deutschen VierteljahrS-
schrift" kann sich übrigens leicht durch die Lesunq des letzten amtlichen
Baurapports und der gleichfalls im „Domblatte" veröffentlichten Bei-
tragsverzeichniffe von der Grundlostgkeit seiner Behauptungen überzeugen.

Elberfeld, 4. Febr. Gestern hielt der elberftlder Hülfsverein zum
Ausbau des Domes in Köln seine jährliche General-Versammlung. Das
Comite wurde ergänzt, resp. wieder gewählt. Dann beschloß die Gene-
ral-Versammlung, auch diesmal die aufgebrachte Summe dem kölnrr
Hauptvereine ohne specielle Bedingung zur Di'sposition zu stellen, da
fich aus sachkundi'ger Mittheilung ergab, daß der Fortbau deS großar-
tigen architeklonischen KunstwerkS, namentlich deS SüdportalS, ganz im
Geist« des ersten Entwurfs erfteulich fortschreik« — möge nun das
Originalproject deS Dombaumeisters Zwirner zu dem im baulichen An-
griff« stehenden südlichen Portale tre« beibehalten oder nach dem nu»
aufgedeckten Fundamente des NordpvrtalS modificirk werden — wor-
über dec Enkscheidung durch sachkundige Znteressenten mi't Beruhigung
entgegen gesehen werden darf. (E. Z.)

Berantwortlicher HerauSgeber: Jos. DuWont..

Druck und Commissions-Berlag des Berlegers der Kölnischen Aertuug,
M. DuMont-Schauberg.
 
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